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Wolfsberg. Noch bis 31. Juli läuft jeweils von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr die Ausstellung »Vergangenheit aufdecken – Die Opfer der NS-Euthanasie aus dem Lavanttal« im Museum im Lavanthaus. Die 1SOBB der Schule für Sozialberufe Wolfsberg mit dem Schwerpunkt Behindertenbegleitung, hat sich zusammen mit ihrem Geschichtelehrer Alexander Verdnik, einem bis heute wenig bekannten Kapitel der lokalen Vergangenheit gewidmet: der sogenannten NS-»Euthanasie« und deren Opfer. Bis dato wurde den Lavanttaler Opfern der NS-Euthanasie auf lokaler Ebene nicht gedacht. Die Ausstellung widmet sich und gedenkt der 67 vom NS-Regime als »lebensunwert« eingestuften Menschen aus dem Bezirk Wolfsberg, die zwischen 1940 und 1943 im Zuge der nationalsozialistischen Menschenauslese ermordet wurden. Auf 67 Holzscheiben wurden die Lebensdaten der Euthanasieopfer angebracht. Die Holzscheiben wurden direkt aus Ästen herausgeschnitten. Sie sind rund und alle ziemlich gleich groß und werden mit der nicht beschriebenen Seite aufgelegt. Die Besucher decken die einzelnen Opferscheiben und damit einen Teil der ungehörten Vergangenheit des Lavanttals auf. Auf Wandtafeln werden die Fakten der NS-Euthanasie im Lavanttal wiedergegeben. Diese mobile Installation wird in Schulen, Museen und weiteren öffentlichen Einrichtungen gezeigt werden.
Schicksal der Lavanttaler
Der größte Teil der Lavanttaler Opfer wurde in Hartheim vergast und im anstaltseigenen Krematorium verbrannt. Sechs Personen wurden in der »Irrenanstalt« oder im Siechenhaus des Klagenfurter Gaukrankenhauses durch Medikamentenüberdosen getötet. Das NS-Regime tarnte die systematische Ermordung von Patienten in »Heil- und Pflegeanstalten« als karitative Sterbehilfe (Euthanasie). Menschen, die aufgrund der rassenideologischen Vorstellungen als »unnütze Esser« eingestuft wurden, sollten »ausgemerzt« werden.
Im Gespräch mit der Nachkommin eines Opfers ergaben sich interessante Antworten auf Fragen der Projektteilnehmer. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das Schicksal ihres Urgroßvaters zu beleuchten und präsentierte ihre Ergebnisse ihren Verwandten. Diese reagierten teils mit Bestürztheit, teils mit Abneigung und Unverständnis. Der Umstand, dass die traumatischen Erfahrungen aus der NS-Zeit zum Schweigen über die Schicksale führen konnte, ist der Forschung bekannt. Des Weiteren »vererbten die direkten« Nachkommen der Opfer ihre traumatischen Erfahrungen. Man spricht dann von transgenerationaler Weitergabe, von der noch die dritte und vierte Generation betroffen sein kann. In vielen Opfer-Familien wurde das Schicksal ihrer Vorfahren tabuisiert.
Die Projektgestalter richten sich mit der Ausstellung an alle Nachkommen von NS-Euthanasie-Opfern. Bei Interesse können sie sich unter ns-euthanasie.wo@gmx.net an das Projektteam wenden. Der Historiker Verdnik und seine Schüler hoffen, damit offene Lücken in der lokalen Zeitgeschichtsschreibung schließen zu können. Alle, die die Ausstellung gerne buchen möchten, bittet das Projektteam, sich unter der oben genannten Adresse zu melden.
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