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Wolfsberger Gemeinderat diskutierte übers Geld: Gibt es keine Hilfe, droht die Zahlungsunfähigkeit Ausgabe 26 | Mittwoch, 26. Juni 2024

Laut dem ersten Nachtragsvoranschlag wurde das Minus etwas kleiner, trotzdem klafft ein gewaltiges Loch in der Kasse. Besonders Stadträtin Theuermann malte düsteres Bild, Bürgermeister Primus sprach von drohenden Problemen bei der Bezahlung der Löhne.

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Wolfsberg. Zwar haben sich die Zahlen verbessert – trotzdem ist die Bezirkshauptstadt nicht mehr weit vom finanziellen Abgrund entfernt. Das war in der Sitzung des Wolfsberger Gemeinderats am 20. Juni zu hören. Das böse Wort »Zahlungsunfähigkeit« fiel.

Unter Punkt 8 der Tagesordnung wurde der erste Nachtragsvoranschlag behandelt. Im Ergebnishaushalt steht jetzt ein Minus von 6,6 Millionen Euro, das sich um rund 600.000 Euro gegenüber dem ursprünglichen Voranschlag verringert hat. Besser sieht auch der  Finanzierungshaushalt aus: Statt mit einem Abgang von 8,5 Millionen Euro wird jetzt mit minus 6,7 Millionen gerechnet. Es folgte eine längere Debatte, in der vor allem die ÖVP Zielscheibe der Kritik war.

»Was Stadträtin Theuermann gerade gesagt hat – das passt alles«
Hannes Primus, Bürgermeister

SPÖ-Finanzreferent Christian Stückler beklagte sich einmal mehr über die hohen Abgaben an das Land. Er rechnete vor: Im Mai lieferte Wolfsberg um 600.000 Euro mehr ab als an Ertragsanteilen in die Kasse flossen. Im Juni waren es 700.000 Euro. »Das kann sich nicht ausgehen«, so Stückler. Auch Mehreinnahmen bei der Kommunalsteuer könnten das nicht ausgleichen. Man habe zwar mit »Haushaltsdisziplin« in allen Abteilungen 20 Prozent eingespart, dennoch bleibe ein hoher Abgang bestehen. Der Finanzreferent kündigte an, dass Ausgaben – beispielsweise für den Adventmarkt – auf Null gestellt werden müssen.

Die Schuld der Probleme sah er auch bei der Bundesregierung, namentlich der ÖVP, da er bisher keine Mitteilungen besitze, mit welchen Summen aus dem Zukunftsfonds zu rechnen sei.

Gemeinderätin Waltraud Beranek (ÖVP) hielt dagegen: Sie ortete weiteres Einsparpotenzial, etwa den Verzicht auf die Liveübertragung des Gemeinderats: »16.000 Euro werden dafür aufgewendet – für etwa 20 Personen, die live zuschauen, und 50 oder 60 weitere, die sich die Sitzung danach im Internet ansehen.« Dazu wolle die ÖVP, die den Nachtragsvoranschlag ablehnen werde, künftig in Gespräche zu Einsparungen eingebunden werden. 

»Im Stich gelassen«

Auch Stadträtin Isabella Theuer-mann (FPÖ) kündigte die Ablehnung ihrer Fraktion an. Es handle sich beim Nachtragsvoranschlag nur um Umschichtungen. »Die Gemeinden gehen am Gängelband der Bundesregierung, sie können nicht planen«, Wolfsberg drohe die Zahlungsunfähigkeit. Laut Theuermann könne die Stadt die Gehälter der Bediensteten gerade noch zahlen – »wir wissen aber nicht, wie lange«. Die Bundesregierung lasse die Gemeinden im Stich, nachhaltige Lösungen würden nicht angeboten. 

»16.000 Euro werden dafür aufgewendet – für etwa 20 Personen, die live zuschauen«
Waltraud Beranek zu den Live-Übertragungen

Die folgende Reaktion war erstaunlich: Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ), in der Vergangenheit oft im Dauerstreit mit Theuermann, meinte: »Das passt alles, was sie gesagt hat.« Nach einem Einwurf von Stadtrat Josef Steinkellner (ÖVP), der sich gegen die Vorwürfe wehrte und anmerkte, »ich habe das Gefühl, wir sitzen hier im Parlament«, legte der Bürgermeister nach: Er habe eben die Zahlen erhalten, was Wolfsberg im kommenden Jahr vom Bund erwarten könne: Einmal 880.000 Euro, weitere 200.000 Euro, verteilt auf vier Jahre, dazu rund 1,4 Millionen aus dem kommunalen Investitionsprogramm (KIP) – allerdings auf drei Jahre und mit 20 Prozent Eigenanteil. »Uns ist damit nicht geholfen, wir brauchen nachhaltige Unterstützung«, so Primus, andernfalls die Löhne »bald« nicht mehr gezahlt werden können. Wenn sich die Situation wie jetzt fortsetze, werde die freie Finanzspitze 2028 bei minus acht Millionen Euro liegen – »was bleibt dann für die Vereine, das Tierheim, die Weihnachtsbeleuchtung?«, fragte der Bürgermeister in die Runde. 

Er wies weiters auch noch darauf hin, dass Wolfsberg bei einem Verzicht auf Investitionen positiv bilanzieren könnte: »Wir investieren aber trotzdem weiter.« Der Nachtragsvoranschlag wurde letztlich mit den Stimmen der SPÖ beschlossen, ÖVP, FPÖ und Grüne votierten dagegen. (Siehe auch Artikel unten.)

Neue Fahrzeuge

Die Stadt Wolfsberg kauft auch neue Fahrzeuge an: Als Ersatz für ein veraltetes Wirtschaftsfahrzeug im Bauhof wird ein gebrauchter Radlader im Wert von 42.000 Euro angeschafft. 

Er wird zur Gänze mit dem Verkauf des nicht mehr benötigten »Gräders« finanziert. Außerdem erhält die FF St. Stefan  – nach einem einstimmigen Beschluss des Gemeinderats – ein neues Tanklöschfahrzeug. Es kostet 389.000 Euro, der Landesfeuerwehrverband beteiligt sich mit 153.000 Euro.

Bürgermeister Primus meldete sich ab: Transplantation steht bevor

Am Ende der Sitzung des Gemeinderats verabschiedete sich der Wolfsberger Bürgermeister Hannes Primus – nicht nur in die Sommerpause. »Meine Transplantation findet nächste oder übernächste Woche statt«, sagte Primus. Danach werde er vier bis sechs Wochen Zeit zur Erholung benötigen, ehe er wieder zur Verfügung stehe. Wie berichtet hatte Primus in der Sitzung am 25. April offen über seine Erkrankung gesprochen: Der 47-Jährige leidet am myelodysplastischen Syndrom, kurz MDS, einer Bluterkrankung, die eine Transplantation mit Knochenmarkstammzellen notwendig macht. Spenderin wird seine Schwester sein, die zu 100 Prozent geeignet ist. Die Transplantation soll in Graz durchgeführt werden, danach ist eine mehrere Wochen dauernde Isolation erforderlich.

Es fielen weitere Beschlüsse

Die Mitteilung bildete den Schlusspunkt einer Sitzung, in der nicht nur über die Finanzen debattiert wurde (siehe Artikel oben), sondern auch Beschlüsse fielen. 

So gab es etwa Zustimmung für die Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs für den neuen Kindergarten St. Jakob. Er soll bis 2027 im Bereich der neuen Wohnanlage Kirchbichl gebaut werden und sechs, später eventuell acht  Gruppen beherbergen. Das Vorhaben ist ein wichtiger Teil des auf dem Mikutta-Areal vorgesehenen neuen Stadtteils. Im Februar des Vorjahrs erfolgte dort (wie berichtet) der Spatenstich für den Bau von vier Gebäuden mit mit 53 Wohneinheiten.

Beschlossen wurden auch die Baurechtsverträge für die Genossenschaft »Drau Wohnbau«, die im Rahmen eines »Reconstructing«-Projekts im Bereich Koliggassse drei Wohnhäuser mit je 40 Wohneinheiten errichten wird. Laut SPÖ-Stadtrat Jürgen Jöbstl sind die jetzt dort befindlichen Wohnhäuser nicht mehr sanierbar, durch den Neubau zwischen den Gebäuden, die im Anschluss abgerissen werden, »gibt es aber keine zusätzliche Bodenversiegelung«.

Die FPÖ durfte einen Erfolg feiern: Dem Vorstoß von Stadträtin Isabella Theuermann, für den Wolfsberger Kolomonimarkt den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes zu beantragen (wir berichteten), stimmten alle Fraktionen zu. »Hoffentlich gelingt es«, sagt Bürgermeister Primus.

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