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Die HTL in Wolfsberg ist heuer seit 40 Jahren eine eigenständige Schule. Können Sie uns kurz etwas über die Geschichte der HTL Wolfsberg erzählen?
Bereits im März 1972 wurde eine Vereinbarung zwischen dem Bildungsministerium und der Stadtgemeinde Wolfsberg über die Errichtung einer höheren technischen Schule geschlossen. 1980 wurde schließlich der Schulbetrieb aufgenommen, es begann mit sechs Klassen und 283 Schülern, die von 26 Stammlehrern unterrichtet wurden. Die Schule in Wolfsberg war zunächst in den Räumlichkeiten der heutigen Bildungswelt Wolfsberg untergebracht und wurde als Expositur geführt. Im ersten Jahr wurden die Schüler sogar noch in Klagenfurt unterrichtet, da in Wolfsberg erst die Labors und Werkstätten eingerichtet werden mussten. 1984 wurde die HTL schließlich eine eigenständige Schule. Dieses Jubiläum begehen wir heuer.
Seit wann sind Sie an der Schule und wie kamen sie dazu?
Ich war an der Montan-Universität in Leoben tätig, und da hatten wir immer wieder Projekte mit der HTL Wolfsberg. Nachdem einige Lehrer an der HTL die Schule gewechselt hatten bzw. in den Ruhestand gegangen waren, wurde mir angeboten, an der HTL zu unterrichten. Dieses Angebot habe ich angenommen und kam im Schuljahr 2009/10 an die HTL Wolfsberg. Seit 2018 bin ich nun auch Schulleiter.
Was haben Sie an der Montan-Universität und danach an der HTL Wolfsberg unterrichtet?
An der Montan-Universität war ich im Bereich Technologietransfer tätig. An der HTL Wolfsberg unterrichtete ich Industrie-betriebswirtschaftliche Gegenstände wie Projektmanagement.
Unterrichten Sie auch als Schulleiter noch?
Ich bin hauptsächlich in den Labors der oberen Klassen im Unterricht, aber auch an der Abendschule und der Werkmeister-Schule tätig. Ich versuche immer auch in der Klasse zu sein, um den Kontakt mit den Schülern zu pflegen. Wenn man sie auch unterrichtet, hat man einen ganz anderen Zugang als ein reiner Schulleiter.
Was waren die größten Veränderungen an der HTL Wolfsberg, seit Sie hier sind?
Das war sicher die Entwicklung der unterschiedlichen Fachrichtungen. Wir bilden Wirtschaftsingenieure und Maschinenbautechniker aus. Auch der Bereich Betriebsinformatik und Mechatronik wurde entwickelt. Wir bilden ein großes Spektrum an jenen technischen Berufsbildern aus, das in einem technischen Unternehmen gebraucht wird, sei es planerische Tätigkeiten, im IT-Bereich oder auch in bautechnischen Tätigkeiten. Die Ausbildung ist auch sehr stark in Richtung Digitalisierung, IT, Robotik gegangen.
Welche Fachrichtungen werden angeboten?
Am meisten Schüler gibt es in der Fachrichtung Betriebsinformatik. Auf die drei weiteren – also Wirtschaftsingenieure, der Bereich Maschinenbau mit Schwerpunkt Automatisierungstechnik und Mechatronik – teilen sich die Schülerzahlen gleichmäßig auf. Wir sind in den vergangenen Jahren jeweils mit fünf Klassen gestartet, zwei davon waren der Bereich Betriebsinformatik, und dann gab es jeweils eine erste Klasse in den anderen drei Fachrichtungen. Daneben gibt es noch die Abendschule und die Werkmeisterschule. Die Abendschule ist ein Angebot für Berufstätige seit 2010/11, seit dem Schuljahr 2012/13 gibt es die Werkmeisterschule.
Wie haben sich die Schülerzahlen verändert?
Die sind bei uns recht konstant. Seit Jahren starten wir immer wieder mit fünf ersten Klassen.
Und wie sieht es mit dem Mädchenanteil aus?
Für unsere angebotenen Fachrichtung bin ich durchaus zufrieden. Wir haben einen Anteil von rund 20 Prozent in den ersten Klassen, also etwa fünf oder sechs Mädchen pro Klasse. Natürlich gibt es noch Potenzial, aber es hat sich schon sehr gewandelt. Vor 20, 30 Jahren musste man froh sein, wenn es ein Mädchen in einer Klasse gab. Heute gehen mehr Mädchen in die klassischen technischen Berufe. Anfangs waren sie in den Fachrichtungen Automatisierung und Betriebsinformatiker, mittlerweile sind sie auf alle Richtungen verteilt.
Gibt es spezielle Anreize, um Mädchen an die Schule zu bringen?
Wir versuchen bei Präsentationen und Schulvorstellungen immer wieder, die Mädchen einzubinden. Und wir sind auch sehr aktiv bei MINT-Projekten im Tal (Anm.: Sammelbegriff für die Ausbildungsfelder Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Von Initiativen wie den Girls Days ist man abgekommen, es sollen beide Geschlechter angesprochen werden.
Gibt es viele Kooperationen mit Firmen, Organisationen und anderen Schulen?
Es gibt seit Jahrzehnten zahlreiche interessante Kooperationen. Eine sehr starke Bindung gibt es zu Mahle und Infineon, aber auch zum Verein Lavanttaler Wirtschaft. Wir arbeiten mit zahlreichen Betrieben wie Magna, in der Region aber auch mit Mondi und PMS zusammen. Insgesamt gibt es 55 Unternehmen an der Schule. Jede Klasse hat einen Partner aus der Wirtschaft, mit denen sie während der fünf Jahre zusammenarbeitet. Zusätzlich gibt es noch Kooperationen mit den Mittelschulen im Lavanttal, vor allem den drei MINT-Mittelschulen.
Was unterscheidet die HTL Wolfsberg von anderen Schulen?
Wenn man Rückmeldungen von Schülern, Eltern und Betrieben bekommt, hört man immer wieder, dass wir sehr gut ausgestattete Labors und Werkstätten haben. Wir haben auch sehr viel investiert. Wir haben Roboter, einen 3D-Druck, eine vollständige Recyclingstraße für Kunststoffe uvm. Und dann natürlich die bereits erwähnten Kooperationen.
Wie haben sich die Schüler in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Ich bin der Meinung, dass sich das Verhalten und die Motivation der Schüler über die Jahre nicht wirklich verändert hat. Durch die Covid-Pandemie ist ihnen allerdings ein Schuljahr verloren gegangen, da ist sehr viel vom Unterricht ausgefallen, und da gehen den Schülern natürlich Inhalte ab. Aber das war nicht die Schuld der Schüler.
Welche künftigen Herausforderungen sehen Sie für Schule?
Im Bildungsbereich ist natürlich auch die Künstliche Intelligenz, kurz KI, ein großes Thema. Wir sind in diesem Bereich auch bei einem großen österreichischen Projekt dabei, bei dem es darum geht, wie man mit KI umgeht.
Natürlich sind auch Themen wie 3D-Druck und Robotik sehr wichtig und werden künftig an Bedeutung zunehmen. Aber in diesen Bereichen sind wir sehr gut aufgestellt.
Wie geht die HTL Wolfsberg mit dem Thema Künstliche Intelligenz um?
Im Bereich der Robotik machen wir KI-mäßig ohnehin schon sehr viel an der Schule. Im Unterricht werden verschiedene Tools wie zum Beispiel ChatGPT nur teilweise eingesetzt.
Gibt es an der HTL ein Pflichtpraktikum?
Vor Beginn des fünften Schuljahrs müssen acht Wochen Praktikum nachgewiesen werden, damit man zur Reife- und Diplomprüfung antreten darf.
Meisten beginnen die Schüler in der zweiten Klasse damit. Für die Schüler der vierten Klassen bieten wir außerdem auch die Möglichkeit, in den Ferien ein Praktikum im Ausland zu absolvieren.
Zum Abschluss noch eine Frage: Wie wird das Jubiläum an der Schule gefeiert?
Es gibt eine Feier mit den ehemaligen Schulleitern, Lehrkräften, Absolventen und Partnern. Dabei gibt es einen Festakt und die Möglichkeit von Schulführungen für die Gäste.
Am 19. November findet der Firmentag statt, und an den folgenden Tagen bieten wir Schnuppertage an. Und dann ist die Schule beim Tag der offenen Tür des gesamten Bundesschulzentrums am 28. November mit dabei.
// Zur Person
Jürgen Jantschgi maturierte am Stiftsgymnasium in St. Paul und studierte in Graz Verfahrenstechnik. Danach war er bei der Firma Mahle und an der Montanuniversität Leoben. Im Schuljahr 2009/10 kam er an die HTL Wolfsberg, seit 2018 ist er Direktor der Schule.
Jantschgi ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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