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Wolfsberg. »Die Leute sollen aufwachen«, sagt Josef Kraschowitz. Der Wolfsberger Bäcker und Gastronom, der seinen »Brauhof Franz Josef« am 2. September geschlossen hat, sorgt abermals für Aufsehen. Er hat in der Auslage der Bäckerei in der Herrengasse seine Stromrechnungen ausgehängt – säuberlich verglichen zwischen dem Vorjahr und heuer. Zahlte Kraschowitz im Juli des Vorjahrs noch 8,96 Cent pro Kilowattstunden und damit 3.440 Euro für den genannten Monat, waren es im heurigen Juli 37,2 Cent pro Kilowattstunde und eine Monatsrechnung von 8.484 Euro (!) – bei nahezu gleichem Stromverbrauch.
Ein weiterer Aushang gibt die Meinung des Unternehmers zur Steigerung wieder: »Land Kärnten bei Strom-Mafia und Wucherpreisen beteiligt«, steht darauf. Und: »Unsere Landes- und Bundespolitiker sind keine Volksvertreter mehr, sondern ›Volksverräter‹.«
»Wir haben derzeit die schlechteste Bundesregierung, die es je gab«
Josef Kraschowitz, Bäcker und Gastronom
Ein hartes Urteil. »Die Leute, die mit mir über meinen Aushang reden, gehen mit meiner Ansicht über unsere Politiker konform«, sagt Kraschowitz. »Wir haben derzeit die schlechteste Bundesregierung, die es je gab. Die Klappen sind groß, die Befähigungen nicht. Ich muss für jeden Bereich mein Wissen nachweisen, die Politiker haben dafür ihre Beamten.«
Die Ursache
Wozu hat er die Rechnungen und seinen Kommentar ins Schaufenster gehängt? »Damit die Leute aufwachen, aufstehen und den Politikern nicht alles glauben«, sagt Kraschowitz. »Wie soll ich bei diesen Steigerungen normal kalkulieren? Wenn ich es wie die Stromkonzerne machen würde, müsste ich für eine Semmel 280 Euro verlangen. Die würde aber niemand kaufen.«
Seit 99 Jahren sei das nun von ihm geführte Unternehmen Kunde der Kelag. »Im Vorjahr ist der Vertrag ausgelaufen, ein Energieberater kam zu mir, ein neuer Tarif wurde festgesetzt – und ich fahre jetzt ein«, sagt der Unternehmer. Früher habe er fünf Cent pro Kilowattstunde Strom bezahlt, jetzt seien es mehr als 37 Cent. Kraschowitz: »Ich muss natürlich auch die Preise erhöhen – aber eine Steigerung von 700 Prozent kann ich nicht kalkulieren.«
Zur »Ehrenrettung« der Kelag: Das Unternehmen begründet die Preissteigerungen mit dem derzeit größten Preisschock seit der Liberalisierung der Energiemärkte im Jahr 2000. Die Großhandelspreise seien enorm gestiegen, man erhöhe die Tarife keineswegs leichtfertig.
Der Großteil des von Kraschowitz verbrauchten Stroms wird für die Backproduktion benötigt – wobei er noch »Glück« hat: Seine Backöfen werden nicht mit Strom, sondern mit Heizöl befeuert. Der Stromverbrauch kommt durch andere Geräte, etwa der Knetmaschine, zustande. Kraschowitz: »Jetzt haben wir die verrückte Situation, dass ein Dieselgenerator zur Stromerzeugung um 50 Prozent billiger wäre als der Strombezug über die Kelag.« Die Umrüstung – samt Photovoltaikanlage auf dem Dach – wäre laut dem Wolfsberger nun sogar förderfähig, obwohl die Verbrennung von Diesel die Umwelt nicht jauchzen lassen würde. »Aber die Investitionskosten sind dennoch hoch«, sagt Kraschowitz.
Brauhof ist Geschichte
Wie berichtet hat er den neben der Bäckerei liegenden »Brauhof Franz Josef« in der Vorwoche nach 23 Jahren geschlossen. Als Gründe nannte er das durch die Pandemie eingebrochene Abendgeschäft, eine dünne Personaldecke – und die hohen Energiekosten. Kraschowitz sucht einen neuen Betreiber. Die Bäckerei bleibt geöffnet und läuft uneingeschränkt weiter.
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