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Wolfsberg. Die internen Beratungen sind abgeschlossen – und sie endeten mit einem eindeutigen Statement: der Kündigung! Jener 21-jährige hauptberufliche Rettungswagenfahrer, der am 5. Oktober 2020 in Wolfsberg im Einsatz einen Pkw gerammt hatte, dessen Lenkerin (52) ums Leben kam, ist nicht länger Mitarbeiter des Roten Kreuzes. »Er wurde gekündigt«, sagt Melanie Reiter, Sprecherin der Hilfsorganisation. Ihr Nachsatz: »Die Entscheidung wurde ihm mitgeteilt, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Der Fahrer wurde gekündigt – mehr gibt es dazu nicht zu sagen«
Melanie Reiter, Sprecherin Rotes Kreuz
Der Mann hatte sich am 17. März auch vor dem Landesgericht Klagenfurt zu verantworten (wir berichteten). Die Anklage lautete »grob fahrlässige Tötung«, da der 21-Jährige an jenem Abend gegen 19 Uhr nicht nur mit 90 km/h in der Klagenfurter Straße – hier gilt Tempo 50 – unterwegs war, sondern vor einer für ihn roten Ampel auch nicht anhielt. Als die 52-Jährige aus der dortigen Supermarkt-Einfahrt fuhr, wurde ihr Pkw auf der Fahrerseite vom Rettungswagen voll getroffen – mit tödlichem Ende.
Vor dem Prozess war der Angeklagte von seiner Schuld nicht überzeugt. Er gab an, mit weit weniger als 90 km/h unterwegs gewesen zu sein, dazu hätte die Ampel grün geblinkt. Nach einem Lokalaugenschein am Unfallort erklärte er sich aber schuldig und sagte in seinem Schlusswort: »Es tut mir extrem leid, ich habe jetzt selbst zu kämpfen und bin in psychologischer Behandlung. Ich spreche der Familie der verstorbenen Frau mein Beileid aus.«
»Nur viel Nachsicht habe im aktuellen Fall eine unbedingte Haftstrafe verhindert«
Felix Fuchs, Vizepräsident Rotes Kreuz
Richter Oliver Kriz fällte ein mildes Urteil: Sieben Monate bedingte Haft, dazu eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25 Euro, gesamt 4.500 Euro. Da Staatsanwältin Karin Schweiger auf Rechtsmittel verzichtete und der Angeklagte das Urteil annahm, ist es rechtskräftig. Laut Verteidiger Felix Fuchs, der auch als Vizepräsident des Roten Kreuzes Kärnten fungiert, wäre eine unbedingte Haftstrafe durchaus denkbar gewesen.
In seiner Urteilsbegründung fand Kriz aber deutliche Worte. Der Fahrer hatte vor der roten Ampel anhalten und sich überzeugen müssen, dass er die Kreuzung überqueren kann, ohne jemanden zu gefährden. Er berichtete auch aus persönlicher Erfahrung auf seinem täglichen Arbeitsweg, bei dem er eine viel befahrene Kreuzung in Klagenfurt benutzen müsse. Dort sei er oft mit Rot-Kreuz-Fahrzeugen im Einsatz konfrontiert, deren Lenker sich aber nur in Ausnahmefällen an diese Regel halten würden.
Die Worte hatten ihre Wirkung bei Verteidiger Fuchs nicht verfehlt. In seiner Eigenschaft als Rot-Kreuz-Vizepräsident richtete er wenige Tage später ein Schreiben an alle Rot-Kreuz-Mitarbeiter, in dem er zu höchster Vorsicht bei Einsatzfahrten und zur Einhaltung der Verkehrsvorschriften mahnte. Allein »viel Nachsicht des Richters und der Staatsanwaltschaft haben im aktuellen Fall eine unbedingte Haftstrafe verhindert«, schrieb Fuchs. Es sei aber damit zu rechnen, dass bei ähnlichen Unfällen in Zukunft von den Gerichten aus generalpräventiven Gründen strengere Strafen ausgesprochen würden.
Der erste seit vielen Jahrzehnten
Anzumerken ist aber auch: Der tödliche Crash in Wolfsberg war laut Rotem Kreuz der erste seit vielen Jahrzehnten. Niemand konnte exakt sagen, wann – wenn überhaupt – es zuletzt zu so einem Ereignis gekommen ist. Und: Alleine in Kärnten legen die Fahrzeuge der Organisationen mehr als elf Millionen Kilometer zurück – jedes Jahr.
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