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St. Andrä. Seit der Besetzung der Hainburger Au im Dezember 1984 war er bei den Grünen. Der damals erfolgreiche Protest gegen ein geplantes Kraftwerk in Niederösterreich war der Auslöser für Günther Dreschers späteres politisches Engagement bei der Umweltpartei. Jetzt, fast 36 Jahre später, hat sich der im ganzen Lavanttal als streitbarer Grüne-Gemeinderat bekannte 64-jährige St. Andräer von seiner Fraktion abgewandt.
»Ich bin kein Sesselfurzer, der sich sagen lässt, was er zu tun hat«
Günther Drescher, Gemeinderat in St. Andrä
»Meiner Ansicht nach sind die ›Grünen‹ zu ›nützlichen Idioten‹ und Handlangern der Kurz-Partei mutiert«, bringt Drescher seinen Zorn auf den Punkt. Seine Konsequenz: »Ich kandidiere für diese Partei sicher nicht mehr.« Sehr wahrscheinlich, wie er sagt, wird er mit einer eigenen Liste zur Gemeinderatswahl am 28. Februar in seinem Heimatort St. Andrä antreten. »Ich bin jetzt 64, trotzdem werde ich wohl noch eine Periode machen und mich der Wahl als Angebot für die Unzufriedenen stellen. Ohne eine Partei hinter mir«, wie er betont wissen will. Er fordert Interessierte, die bei seiner geplanten Liste mitmachen wollen, auf, sich bei ihm zu melden.
Was waren die Gründe seiner Abkehr von den Grünen? »Ich hatte immer meine Reibereien mit ihnen«, sagt Drescher, »weil mir gewisse Dinge nicht passten.« Aber jetzt sei das Maß voll: »Die Grünen haben in Bund und Land grundsätzliche Dinge verraten, da geht es um die Nichteinhaltung der Verfassung und fundamentale Verstöße gegen die Menschenrechte. Das ist wie in der KPdSU (Anm.: die frühere kommunistische Partei der Sowjetunion)«, spielt er auf die Corona-Verordnungen an. Und: »Das passt mir nicht. Demokratie ist Meinungsvielfalt, wir haben jetzt aber eine Monokultur des Denkens. Wo ist der Pluralismus geblieben? Jetzt herrscht ein Diktat, man schreibt uns vor, wann wir das Haus verlassen dürfen – mit vorgeschobenen Begründungen. Ich bin kein Sesselfurzer, der sich sagen lässt, was er zu tun hat.«
»In der ersten Dezemberwoche gebe ich bekannt, ob ich kandidieren werde«
Martin Mayerhofer, Ex-Stadtrat
Die Grünen würden laut Drescher ihr wichtigstes Anliegen, Ökologie und Umweltschutz, nur noch vorschieben, um andere Ziele zu verfolgen: »Die Farbe Grün ist nur mehr ein Deckmantel für politische Spielchen.« Als Beispiel nennt er die Demontage der Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein: »Das beweist, dass es auch bei den Grünen nur mehr um Macht und bezahlte Spitzenpositionen geht, wie bei den Altparteien auch.«
Damit wolle er nichts zu tun haben, »da gehe ich lieber zu den Freiheitlichen«, was er aber nur als »Metapher« verstanden wissen will, nicht als geplanten Schritt.
Er sei bei den Grünen zwar nicht formell ausgetreten, habe aber den Kontakt zu seiner früheren Heimatpartei abgebrochen. Drescher: »Emotional habe ich keine Verbindung mehr mit dieser Partei. Man muss bei den Grünen Beiträge zahlen, dann darf man zu den Sitzungen gehen. Ich zahle aber nicht mehr.« Die Frage, seit wann er keine Beiträge mehr überweist, beantwortet er so: »Seit der inszenierten Landesversammlung im Vorjahr vor der Wahl.«
Dreschers Ablehnung der Corona-Maßnahmen und sein Einsatz für die Umwelt und einen Wandel des derzeitigen Umgangs mit ihr sind bekannt. Ist er ein Verschwörungstheoretiker? »Nein«, sagt er, »aber die Gleichschaltung finde ich nicht gut.« Tritt er an, würde der Wahlkampf in St. Andrä sicher bunter werden.
Mayerhofer noch unentschlossen
Ein weiterer möglicher Kandidat, der im Mai nach einem Facebook-Posting zum »Baby-Elefant« zurückgetretene Stadtrat Martin Mayerhofer (früher FPÖ), hat sich noch nicht entschieden, ob er mit einer eigenen Liste antritt. »In der ersten Dezemberwoche gebe ich meinen Entschluss bekannt«, sagt Mayerhofer.
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