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Sind Sie schon im Wahlkampf?
Nein, aber ich bin bereits bei den Vorbereitungen.
Sie waren acht Jahre EU-Abgeordnete, 2017 wurden Sie Bundesministerin. Wie war die Umstellung auf die neuen Aufgaben?
Eine Regierungsfunktion ist schon eine ganz andere Dimension. Man trägt viel Verantwortung und hat einen extrem dichten Terminkalender. Die Umstellung war schon groß und persönlich ein enormer Schritt. Rückblickend war es die richtige Entscheidung. Als Ministerin hat man viele Möglichkeiten zu gestalten und verändern.
Was wurde in Ihrer Zeit als Ministerin umgesetzt?
Im Umwelt- und Klimaschutzbereich wurde viel weitergebracht. Das letzte Kohlekraftwerk in Österreich wird nun geschlossen und der Ausbau erneuerbarer Energie intensiv voran getrieben. Die Vermeidung von Plastik war ein großes Thema. Da konnte ich auch auf EU-Ebene Erfolge erzielen, wie zum Beispiel das Plastiksackerlverbot. Für die Bauern war es sehr wichtig, dass es neue Spielregeln gibt. Handelskonzerne dürfen keine unfairen Geschäftspraktiken gegen Bauern anwenden, denn ein einzelner Landwirt kann gegen die Konzerne nicht bestehen.
»Ich habe vom Ibiza-Video am Freitag erfahren, nachdem Strache den Kanzler informiert hatte«
Elisabeth Köstinger zum Skandal-Video
Erneuerbare Energie ist gut und schön. Aber wenn etwas errichtet werden soll, kommen die Gegner und bekämpfen Windräder auf den Bergen, Flusskraftwerke und Solaranlagen. Was soll man tun?
Die Grünen sind bei dem Thema nicht glaubwürdig. Sie fordern etwas, sind dann aber gegen die Umsetzung. Für den Klimaschutz muss in erneuerbare Energie investiert werden. Die Menschen müssen sich den Strom leisten können. Auch eine CO2-Steuer macht keinen Sinn. Sie geht zu Lasten der Menschen. Wir wollen Alternativen, die leistbar sind, aber keine neue Steuer.
Viele Bauernhöfe, auch im Lavanttal, mussten wegen Nachwuchsproblemen aufgegeben werden. Was kann man dagegen tun?
Das wichtigste ist eine Herkunftskennzeichnung für Produkte. Gegen die Dumpingpreise können die Bauern nicht bestehen. Die Leichteste, auch für den Klimaschutz, ist es, regional und saisonal einzukaufen und damit die Bauern stärken. Die Preise für Bauern sind viel zu gering. Wir hatten die Herkunftskennzeichnung in Vorbereitung. Das ist ein Anliegen, das ich in der nächsten Regierung umsetzen möchte.
Was halten Sie von der Fridays for Future-Bewegung?
Es ist wichtig, dass sich junge Menschen wieder für etwas einsetzen und wir Maßnahmen gegen den Klimawandel setzen.
Was tun Sie privat gegen den Klimawandel?
Ich kaufe bewusst ein, vor allem regional und saisonal. Ich brauche im Winter keine Erdbeeren. Wenn immer es möglich ist, fahre ich auch zwischen Wien und Kärnten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Außerdem überlege ich mir bei vielen Sachen, ob ich sie brauche.
Sie sagen, es wurde in der letzten Legislaturperiode gut gearbeitet. Wie haben Sie sich nach dem Misstrauensantrag gefühlt?
Es hat sich unrichtig angefühlt. Wir haben nichts falsch gemacht. Ausschlaggebend war das Ibiza-Video. Danach war klar, dass man nicht einfach weitermachen kann. Wenn der Vizekanzler den Staat zum Verkauf anbietet, widerspricht das jedem politischen Grundsatz den wir haben. Es ist nicht möglich zur Tagesordnung überzugehen. Da wurde lupenreine Korruption in Aussicht gestellt. Und die SPÖ hat das sofort verwendet , um den Rachefeldzug aus 2017 fortzusetzen. Aber das ist mittlerweile eine Fußnote der Geschichte.
Wann haben Sie das erste Mal vom Ibiza-Video erfahren?
Am Freitagvormittag, weil Strache den Bundeskanzler informiert hat, dass etwas kommen wird. Ich bin mit Kurz jeden Tag im Austausch und er hat mich darüber informiert. Aber wir hatten keine Ahnung, was es ist, bis es über die deutschen Medien veröffentlicht wurde.
Ist nach der Wahl eine Koalition mit der FPÖ wieder möglich?
Wir warten jetzt die Wahlen ab, danach wird es Gespräche mit allen geben. Unser Ziel ist es, dass die ÖVP so stark wird, dass es gegen uns keine Koalition geben kann.
Das »freie Spiel der Kräfte« funktioniert gut. Vieles wurde beschlossen, was vorher unmöglich war. Brauchen wir eine Koalition?
Das »freie Spiel der Kräfte« wird teuer. Es schaltet in Vorwahlzeiten die Vernunft aus. Man muss bedenken, dass diese Vorhaben auch jemand zahlen muss – und das ist der Steuerzahler. Es klingt im ersten Moment gut, bedeutet aber eine massive Belastung für das Budget. Wir müssen so arbeiten und wirtschaften, dass auch die nächste Generation in Wohlstand aufwächst. Wahlzuckerl gehen zu Lasten der nächsten Generation.
»Wolfgang Knes hat im Parlament faktenbefreite Parteipolitik und Lobbyismus betrieben«
Elisabeth Köstinger über ihren Lavanttaler Kollegen
Auf welchem Listenplatz werden Sie bei der Nationalratswahl im September kandidieren?
Es gibt diese Woche eine Parteivorstandssitzung, in der die entsprechenden Beschlüsse gefasst werden. Mein Ziel ist es, auf einem wählbaren Platz zu kandidieren. Ich werde sicher auch wieder auf der Kärntner Landesliste sein.
Die politischen Mitbewerber sprechen von einer schwarzen und einer türkisen ÖVP. Ist die Partei gespalten?
In den vergangenen zwei Jahren hat wohl jeder gemerkt, dass die ÖVP so geschlossen ist wie nie zuvor. Das betrifft auch Landes- und Teilorganisationen. Alle waren geschlossen hinter dem Reformkurs von Sebastian Kurz. Wenn nun die FPÖ versucht, ein Gerücht von zwei Flügeln in die Welt zu setzen, ist das wohl mehr ein Wunsch.
Wie war die Zusammenarbeit mit den zwei anderen Lavanttaler Abgeordneten, Christian Ragger und Wolfgang Knes?
Die Zusammenarbeit mit Ragger war eine sehr gute und konstruktive. Mit Knes gab es keine Zusammenarbeit, er hat faktenbefreite Parteipolitik und nur Lobbyismus für die Industrie betrieben. Er hat ja auch die Unterstützung für Biomassekraftwerke bekämpft. Auch im Lavanttal hat er extrem gegen Öko-Energie gearbeitet, das war zum Teil traurig. Da hängen viele Arbeitsplätze dran, und die Biomassekraftwerke sind im Tal ein wichtiger Wirtschaftsbereich.
Sie sind seit einem Jahr Mutter, kamen aber gleich wieder zurück ins Parlament. Wie schaffen Sie das?
Das ist vor allem meinem Mann hoch anzurechnen, der in Karenz gegangen ist und sich somit hauptsächlich um unser Kind kümmert. Die zwei sind auch immer mit mir mit. Wir teilen es uns partnerschaftlich und ich versuche so viel Zeit wie möglich mit meinem Sohn zu verbringen. Er war auch immer mit im Büro und es hat wirklich sehr gut funktioniert.
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