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Wenn man Ihren Lebenslauf betrachtet, sieht man viele Stationen – von Architektur über Produktionstechnik bis hin zu Start-ups-Beratungen. Wie beschreiben Sie Ihren Weg?
Ich bin in St. Andrä aufgewachsen, habe am Stiftsgymnasium St. Paul maturiert, dann ein Jahr Architektur in Graz studiert und bin dann an die Fachhochschule gewechselt, wo ich Produktionstechnik und Organisation studierte. Danach war ich bei Roche Diagnostics (Anm.: eine Tochter des Pharmakonzerns Roche Holding) in verschiedenen Bereichen tätig. 2010 kam eine Weiterbildung in Grafik und Design dazu, 2011 wechselte ich zu Neuroth und habe dort das strategische Marketing aufgebaut. Danach machte ich einen Abstecher in die Start-up-Szene, zum Campus02 in Graz, wo ich Start-ups beraten habe. 2015 gründete ich das Unternehmen »Visionen Bauen«. Dann habe ich aber beim Haufe Verlag in der Schweiz zu arbeiten begonnen.
Wann kam das Thema »Spielen« ins Spiel?
2018, kurz vor der Geburt meiner ersten Tochter, wagte ich den Sprung in die Selbstständigkeit. Da wurde mir klar: Es geht mir nicht um Spiele als Freizeitbeschäftigung, sondern darum, das Spiel zurück in die Arbeit zu bringen. Spielen heißt, in einem sicheren Rahmen neue Möglichkeiten entdecken. Das machen ich und mein Kollege Matthias Gepp unter dem Namen »Playability Lab«.
Was kann man sich unter »Playability Lab« vorstellen?
Playability ist unsere Überzeugung und unser Angebot. Wir leben in einer Welt, die immer komplexer wird und weniger vorhersehbar ist. Wandel ist für Organisationen eine enorme Herausforderung. Ein Kind kann zu Beginn nichts – außer spielen. Es erkundet so die Welt und lernt, mit Unbekanntem umzugehen. Genau diese Fähigkeit brauchen wir auch wieder in der Arbeitswelt, um zukunftsfähig zu bleiben.
Wie sieht das konkret aus?
Über Trainings und Weiterbildungen. Wir zeigen Menschen, wie sie spielerische Elemente und Methoden in Workshops nutzen können. Und über Auftrags-Workshops, bei denen wir Prozesse neu gestalten, Rollen definieren oder Organisationsstrukturen entwickeln. Das passiert beim Kunden vor Ort, im »Playability Lab« am Getreidemarkt oder online. Unser Netzwerk von Facilitatoren ist in ganz Europa vertreten und sorgt für Vielfalt.
Ich denke, dass die meisten Menschen mit dem Ausdruck Facilitator nichts anfangen können. Was genau ist ein Facilitator?
Im Grunde genommen ein Moderator. Aber anders als ein klassischer Moderator gestaltet ein Facilitator Räume so, dass Gruppen gemeinsam zu Lösungen finden. Das fängt bei der Auftragsklärung an, geht über das Workshop-Design und die Durchführung bis zur Nachbereitung – und manchmal gibt es auch Follow-up-Prozesse.
»Ein Kind lernt beim Spielen. Diese Fähigkeit brauchen wir auch wieder in der Arbeitswelt«
Manuel Grassler, »Playability Lab«
Welche Tools setzen Sie ein?
Wir nutzen »Lego Serious Play« und »Playmobil Pro«. Bei Lego geht es ums Bauen neuer Welten. Jeder baut zu einer Frage ein Modell, erklärt es, und so kommen alle Sichtweisen zu dem Problem ans Licht. Durch das Bauen eines Models werden auch Hierarchien abgebaut. Beim Reden in der Gruppe ist es meist so, das 20 Prozent der Teilnehmer 80 Prozent des Redens übernehmen. Durch das Bauen wird auch den Leisen eine Stimme gegeben, und man schafft am Ende ein gemeinsames Modell, hinter dem alle stehen.
Playmobil wiederum eignet sich besser für Rollenspiele – es ist ideal, um Rollenverständnisse innerhalb eines Unternehmens oder bei Prozessen zu stärken oder Empathie zu fördern.
Haben Sie Beispiele, wo Sie bereits mit diesen Werkzeugen gearbeitet haben und wie Mitarbeiter darauf reagieren?
Wir haben mit »Lego Serious Play« schon Risikoanalysen für ein Atomkraftwerk gemacht. Mit Playmobil haben wir IT-Trainings gestaltet, bei denen Mitarbeitende Prozesse aus Sicht anderer Rollen erleben. Das sind echte Augenöffner. Die Tools wurden immer sehr gut angenommen, ein Einziger hat bislang nicht mitgemacht.
Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee mit dem Spielen?
Ich war schon immer ein leidenschaftlicher Brettspieler, schon in meiner Jugend habe ich es geliebt. Für die Businesswelt war ich zu kreativ, für die Kreativwelt war ich zu »businessmäßig«. Also musste etwas Neues her. 2008 bin ich auf »Business Model Generation« gestoßen, das wirkungsvolle Tools bietet, mit denen man innovative Geschäftsmodelle entwickeln kann. Ich habe mir auch vieles selbst erarbeitet. In der Start-up-Beratung habe ich mit Knetmasse experimentiert, dass hat aber nicht so gut geklappt, mit Lego hat das Spielen aber perfekt funktioniert. 2015 ließ ich mich in München in »Lego Serious Play« ausbilden. Ich glaube, ich war erst der Dritte in Österreich. Seit 2018 biete ich selbst Ausbildungen an, auch zu 3D-Welten – da bin ich einer von drei Trainern hierzulande.
Spielen Sie noch Brettspiele? Und wenn ja, was liegt bei Ihnen am Tisch?
»Arkham Horror – Das Kartenspiel« oder »Inventions – Evolution of Ideas«, um nur zwei zu nennen. Ich habe etliche Brettspiele, die ich immer wieder spiele. Oftmals spiele ich mittlerweile auch solo, um die Mechaniken zu verstehen – das fließt dann in meine Arbeit ein. Brettspiele waren schon immer meine große Leidenschaft, und das ist auch heute noch so.
Heute spielen die meisten Leute eher online statt Brettspiele. Warum sind Sie bei den Brettspielen geblieben?
Ich bin beruflich sehr viel am Computer tätig. Daher möchte ich etwas offline machen. Brettspiele sind Etwas haptisches, sie entschleunigen. Ich ziehe Brettspiele dem Fernsehen vor.
Sie organisieren am 20. September auch den »Spieletag in Wolfsberg«. Was erwartet die Besucher?
Am 20. September, dem Tag des Kindes, werden gemeinsam mit der Stadtgemeinde Wolfsberg die Stadtgalerie und deren Arkadenhof bespielt. Von 9 bis 17 Uhr können kostenlos über 100 verschiedene Spiele entdeckt zu werden – vom klassischen Brettspiel über spannende Kartenspiele bis hin zu Geschicklichkeits- und Knobelspielen. Die Spiele bekommen wir vom Verein Ludovico aus Graz zur Verfügung gestellt. Alle können mitmachen, die Teilnahme am Spieletag ist kostenlos. Ich freue mich riesig darauf.
Zum Abschluss: Was ist Ihre Botschaft?
Spielen ist kein netter Zeitvertreib – es ist eine wichtige Schlüsselkompetenz für die gesamt Arbeitswelt. Wer spielerisch denkt, der bleibt beweglich, kreativ und offen für die Zukunft.
Von Michael Swersina
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