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Wie würden Sie das heurige Frühjahr und den Sommer beschreiben?
Es war ein ständiges Auf und Ab – und in seiner Art sehr extrem. Das Frühjahr hat ungewöhnlich warm begonnen, die Pflanzen sind früh ausgetrieben. Dann kam noch einmal Kälte, aber das war zum Glück nicht dramatisch. Insgesamt lagen wir im Frühjahr einige Grade über dem Durchschnitt. Der Höhepunkt kam im Juni, der Hitze und Trockenheit brachte: Bei den Temperaturen lagen wir deutlich über dem Schnitt, beim Niederschlag hingegen weit unter dem Schnitt.
Welche Auswirkungen hatte das?
Die lange Hitzeperiode ohne Niederschläge konnte jeder selbst sehr gut beobachten, die Wiesen waren braun, vieles war ausgetrocknet. Das hat vor allem die Land- und Forstwirtschaft sehr hart getroffen. In der Landwirtschaft gab es massive Ernteeinbußen, beim Mais oft sogar Totalausfälle. Im Forstbereich sind im Lavanttal Fichten vorherrschend – und die kommen mit Trockenheit nicht gut zurecht. Durch die Wetterbedingungen kamen auch die Insekten und andere Schädlinge früher als sonst. Es gab eine extrem hohe Wühlmauspopulation und auch beim Borkenkäfer war es ähnlich: Früher gab es zwei Generationen der Käfer pro Jahr, mittlerweile sind es drei. Das setzt den Bäumen natürlich zu.
Im Mai und Juni hatten wir zusätzlich das Problem, dass viele Pools gleichzeitig befüllt wurden. Das kann zu Knappheit führen. Wasserknappheit war vor 20, 30 Jahren kaum ein Thema bei uns im Lavanttal, mittlerweile ist es eins geworden. Daher ist es gut, dass man bereits Vorkehrungen getroffen hat, Wasser aus dem Bezirk Völkermarkt zu bekommen.
Wie ging es im Sommer weiter?
Der Juli war temperaturmäßig im Mittel, aber sehr regnerisch – mit wenigen Sonnenstunden. Das konnte die Trockenheit des Juni aber nicht vollständig ausgleichen, war aber zumindest für die Landwirte eine Erholung. Für die Schwimmbäder war der Juli durch den vielen Regen schlecht. Der August war bezüglich Hitze- und Regentage dann halbwegs normal.
Gab es heuer Wasserlieferungen an Bauern?
Ja, vereinzelt. Hätte die Trockenperiode im Juni und Anfang Juli länger angehalten, hätte die Feuerwehr aber natürlich sicher öfter ausrücken müssen. Für die Landwirtschaft war der Regen wichtig, aber nicht alles konnte gerettet werden.
Sie sind der Manager der Klima-Anpassungsregion (KLAR). Was macht KLAR?
Wir setzen regionale Anpassungsmaßnahmen um, um die Folgen des Klimawandels wie Hitze, Starkregen und Trockenheit zu bewältigen. So haben wir in den vergangenen Jahren zum Beispiel bei St. Andrä einen klimafitten Wald errichtet oder an der LFS Buchhof das Klima-Arboretum. Dort kann man sehen, wie gut verschiedene heimische Bäume mit dem Klima zurechtkommen – es gibt über 50 Arten von Bäumen, die wir dort eingesetzt haben. Außerdem leisten wir auch noch Aufklärungsarbeit und bieten Workshops an.
Gibt es auch konkrete Beispiele für die Landwirtschaft?
Wir helfen den Betrieben, den Boden so vorzubereiten, dass er mehr Wasser speichern und Hitze besser aufnehmen kann. Feinkörniger Boden speichert mehr Wasser, aber auch Düngung, Fruchtfolge und Bearbeitung spielen eine Rolle für die Fruchtbarkeit. Schwere Geräte verdichten den Boden, Regen schwemmt dann die obere Schicht weg. Ziel ist, den Boden feinkrümeliger zu machen, Humus einzubringen, das ist aber ein langwieriger Prozess.
In Workshops schauen wir uns Flächen an, nehmen Bodenproben, schicken sie ins Labor und geben danach Empfehlungen zu Düngung, Anbauweise und Sortenwahl. Wir suchen mittlerweile Sorten aus, die besser mit Trockenheit zurechtkommen. Ganz wichtig ist auch die Wintersaat, damit der Boden nicht austrocknet. Früher waren die Winter niederschlagsreicher, da war die Wintersaat nicht so wichtig.
Wie groß ist das Interesse an den angebotenen Workshops?
Recht gut. Wir haben rund 25 Betriebe über drei Jahre begleitet. Themen waren Boden, Gerätschaften, Wurzelsysteme. Es gibt Möglichkeiten, sich anzupassen – aber es ist langwierig und nicht immer sicher, dass es funktioniert.
Wie sieht es in der Forstwirtschaft aus?
Dort ist es etwas schwieriger, weil man in längeren Zeiträumen denken muss. In der Landwirtschaft kann man jährlich reagieren, im Wald dauert es 70 bis 80 Jahre, bis ein Baum groß ist. Die Fichte als Monokultur hat im Lavanttal ausgedient – zumindest zwischen 400 und 600 Metern Seehöhe. Langfristig müssen wir auf Mischkulturen setzen: Tanne, Douglasie, Eiche, Ahorn, Buche. Wie bei einem Aktiendepot – nicht alles auf eine Karte setzen.
Wie stark haben Schädlinge und Wetterextreme heuer dem Wald geschadet?
Abgesehen von den bereits erwähnten Problemen mit den Schädlingen gibt es immer mehr Schäden durch den Wind. Der wird stärker, und Fichten als Flachwurzler sind bei Trockenheit leicht zu entwurzeln. Da gab es schon einige Windschäden.
Da Hitzetage auch im Lavanttal zunehmen: Was können Gemeinden tun, um im Stadt- bzw. Ortsgebiet ein angenehmes Klima zu schaffen?
Ein großer Fehler geschah vor langer Zeit. Vor 30 Jahren hat man viele Dorf- und Gemeindeplätze versiegelt. Heute merkt man, dass das ein Fehler war – die Flächen heizen sich stärker auf als unversiegelte Flächen. Jetzt könnte man die Flächen wieder entsiegeln, was aber teuer und aufwendig ist. Oftmals ist es auch nicht möglich, Bäume zu pflanzen, da unter den Plätzen zahlreiche Leitungen – Wasser, Kanal, Strom – verlaufen. Trotzdem ist es möglich: Ein Beispiel ist der Lobisserplatz in St. Paul, den wir durch Begrünung klimafitter gemacht haben.
Wie können sich Menschen selbst vor Hitze schützen?
Wir informieren vor allem ältere und sehr junge Menschen, die besonders sensibel reagieren. Mit Workshops zeigen wir, wie man sich anpasst: leichte, helle Kleidung, keine schweren Mahlzeiten, kühle Räume aufsuchen, Sonnenschutz tragen.
Ihre Einschätzung zur Klimaerwärmung?
Man muss zwischen Wetter und Klima unterscheiden. Das Wetter ist der aktuelle Zustand, Klima ist der Durchschnitt über einen langen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Der verregnete Juni hat wenig mit dem Klima zu tun. Aber der langfristige Trend ist klar: Die Temperaturen steigen. In Österreich um rund zwei Grad seit der vorindustriellen Zeit. Das ist doppelt so viel wie der globale Anstieg.
Warum trifft es gerade Österreich stärker?
Wir sind ein Binnenland, maritime Einflüsse fehlen. Gletscher gehen zurück, Landmassen erwärmen sich schneller.
Zum Abschluss: Was entgegnen Sie Kritikern, die sagen, Österreichs CO2-Anteil sei zu gering, um etwas zu bewirken?
Unser weltweiter Anteil ist unter einem Prozent, aber der Pro-Kopf-Ausstoß ist höher als in China. Alles, was wir tun, kommt aber uns selbst zugute: Radfahren und Zufußgehen stärkt die Gesundheit, regionale Produkte unterstützen die Wirtschaft und sparen Transportwege, Photovoltaik senkt CO₂-Ausstoß und Stromkosten. Man tut also nicht nur etwas fürs Klima, sondern auch für die Gesundheit – und fürs Geldbörserl.
Von Michael Swersina
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