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Klagenfurt, Wolfsberg. Dass man sich auch mit mehreren Gläsern Ayran – einem Getränk auf Basis von Joghurt, Wasser und Salz – vor das Landesgericht Klagenfurt bringen kann, bewies ein 64-jähriger, bisher unbescholtener Wolfsberger. Allerdings: Der Mann hatte zuvor ausgiebig den Sommerspritzern »gehuldigt«.
Der Vorfall, wegen dem er sich am Freitag der Vorwoche vor Richterin Michaela Sanin verantworten musste, ereignete sich am 2. August diesen Jahres: Laut damaligem Polizeibericht war der Wolfsberger gegen 21.20 Uhr in ein Imbisslokal marschiert und hatte mit vorgehaltenem Gewehr nach Alkohol verlangt, der ihm zuvor verweigert worden war. Die Waffe entpuppte sich als vergleichsweise harmlose Airsoft-Gun, trotzdem folgte ein Großeinsatz der Polizei, der 64-Jähriger wanderte in die Justizanstalt.
»Er wollte eine Kalaschnikow, die gab es aber nicht, da habe ich ein anderes Gewehr gekauft«
Der Wolfsberger zur Herkunft der Airsoft-Gun
Dort saß er am Freitag immer noch. Ein Justizwachebeamter geleitete ihn vor Richterin Sanin, die ihm schwere Nötigung – Strafrahmen bis fünf Jahre Haft – vorwarf. Seine Verteidigerin Daniela Alexandra Lang bekannte sich in seinem Namen schuldig, um kurz danach von ihrem Mandanten ein wenig enttäuscht zu werden. Denn so ganz schuldig fühlte er sich erst nicht ...
»In diesem Imbiss bin ich dreimal im Monat, der Inhaber ist seit 20 Jahren mein Freund«, sagte der angeklagte Wolfsberger. An jenem 2. August sei er erst in einem Café gewesen und habe Sommerspritzer getrunken – »ja, ich war alkoholisiert«. Dann meldete sich der Hunger, er suchte besagten Imbiss auf und trank zwei Ayran, während er auf das Gericht wartete. »Da habe ich noch zwei Ayran getrunken«, so der Mann, der lange um den heißen Brei herumredete.
Ausreichend gestärkt, ging er zu seinem Auto und holte die Airsoft-Gun heraus, die er dem Sohn von Bekannten zum Geburtstag zu schenken gedachte: »Er wollte eine Kalaschnikow, die gab es aber nicht, da habe ich ein anderes Gewehr gekauft.« Er zeigte es einem Bekannten, »ich habe es ihm aber nicht gegeben, denn sonst hätte er gewusst, dass die Waffe nicht echt ist«. Das sei alles gewesen, nein, bedroht habe er niemanden. Sollte er gesagt haben, »gib mir sofort noch ein Ayran«, war das Spaß.
Die Richterin fand all das nicht lustig: »Das ist kein Geständnis«, sagte sie, worauf der 64-Jährige mit seiner Verteidigerin vor die Türe ging. Wieder zurück, korrigierte er seine Aussage: »Ja, ich habe die Softgun in Richtung der Leute gehalten.« Und schuldig fühlte er sich auch.
Ein Zeuge schilderte den Abend des 2. Augusts so: »Er war sehr alkoholisiert, aber es gab keinen Streit. Er wollte mehr Alkohol, bekam ihn aber nicht. Dann sagte er: ›Ich habe eine Überraschung für euch‹ – und kam mit dem Gewehr. Er richtete es auf uns, ich dachte, es ist echt.« Während die Polizei schon auf dem Weg war, gab es für den Wolfsberger noch ein weiteres Ayran ...
Das Problem des Angeklagten
»Sie haben ein Alkoholproblem«, meinte Sanin danach zum Angeklagten, der das bejahte: »Eigentlich darf ich wegen einer Krankheit überhaupt nichts trinken. Ich glaube, meine Medikamente haben die Wirkung des Alkohols verstärkt. Es tut mir wirklich leid, es war ein Schwachsinn, ich weiß nicht, warum ich das getan habe.«
Das Urteil: zehn Monate Haft, davon neun Monate bedingt. Die unbedingte ausgesprochene Strafe ist mit der Untersuchungshaft »abgedient«, er durfte nach Hause gehen. Aber der Wolfsberger erhielt die Weisung, sich einer Alkoholtherapie zu unterziehen, Bewährungshilfe wurde angeordnet. Die Airsoft-Gun ist übrigens kein Geschenk mehr, sie wird vernichtet. Der Angeklagte nahm das Urteil an, Staatsanwältin Doris Wieser gab keine Erklärung ab, der Spruch ist nicht rechtskräftig.
Vor dem Saal wartete ein Bekannter auf den 64-Jährigen: Sie vereinbarten, sich in einem Café zu treffen, sobald die Formalitäten in der Justizanstalt erledigt wären – wohl auf ein Ayran ...
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