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Wolfsberg. »Im Tod sind wir alle gleich«, sagte der Wolfsberger Gemeinderat Armin Eberhard (SPÖ) und erntete Applaus. Er hatte die Stimmung des Publikums in wenigen Worten zusammengefasst.
Am Montag, 7. April, ging in der Zeremonienhalle der Bestattung Wolfsberg eine Podiumsdiskussion über die Bühne, in deren Mittelpunkt ein aktuelles Thema stand: »Verbindendes – Trennendes« zwischen den Religionen. Ini-
tiiert wurde sie von FPÖ-Stadträtin Isabella Theuermann und Thomas Groß, Leiter der Bestattung Wolfsberg der Stadtwerke, die Unterkärntner Nachrichten waren als Medienpartner dabei. Am Podium diskutierten der Dechant des Dekanats St. Andrä, Gerfried Sitar, die evangelische Pfarrerin von Wolfsberg, Renate Moshammer, sowie Adem Pehlic, der Vorsitzende der islamischen Religionsgemeinschaft in Kärnten, moderiert von Michael Swersina, Redakteur der Unterkärntner Nachrichten. Dabei wurde auch auf den Friedhof St. Margarethen eingegangen, auf dem nun eine Bestattungsmöglichkeit für Muslime geschaffen wurde, was zuletzt zu Diskussionen geführt hatte.
»Wir könnten eine Ausstellung mit allen Religionen durchführen. Das wäre spannend«
Dechant Gerfried Sitar, Diskussionsteilnehmer
Den Anfang machte Sitar mit der Beantwortung der Frage, welche Werte die Religionen verbinden, welche sie trennen. »Das größte Verbindende ist Gott«, sagte der Dechant, der die Notwendigkeit der friedlichen Koexistenz in den Vordergrund stellte. Moshammer formulierte als Ziel des Menschseins, aufeinanderzugehen, das Verbindende suchen, Grenzen überwinden. »Wo wir daran scheitern, wird es finster«, sagte die Pfarrerin.
Keine parallelen Gesellschaften
Pehlic hob hervor, am Wichtigsten sei der respektvolle Umgang mit allen Menschen, auch mit Andersdenkenden: »Das Ziel sollte sein, heute ein besserer Mensch zu sein als gestern.« Er zitierte den Propheten Mohammed, der sagte, man sei erst ein wirklich gläubiger Moslem, wenn man dem anderen das wünsche, was man für sich selbst wünscht. Pehlic: »Das Miteinander hat keine Alternative, wir wollen keine parallelen Gesellschaften. Vielfalt ist Bereicherung.« Moshammer setzte sich für »ein Öffnen der Türen« ein, »ohne Scheu, auch für Muslime«.
Sitar hatte in einem Koffer drei Texte mitgebracht: Einen alten jüdischen Text aus Kiew, einen Koran und eine Bibel, die einst von Katholiken und Evangelischen verwendet worden war. »Sie stehen bei mir friedlich nebeneinander«, sagte er und berichtete auch, dass er seine spannendste Gotteserfahrung in einem Gebäude erlebt hatte, das heute wieder als Moschee genutzt wird: der Hagia Sophia in Istanbul.
Der Dechant zeichnete die gemeinsamen Wurzeln des Christentums, des Judentums und des Islams in der Person Abrahams nach und schlug vor, in St. Paul eine gemeinsame Ausstellung aller Religionen durchzuführen: »Das wäre spannend, denn viele Menschen wissen nicht, was die Religionen verbindet.«
Swersina kam schließlich auf den Friedhof St. Margarethen zu sprechen. Er richtete die Frage an Pehlic: »Verstehen Sie die Aufregung?« Der Vorsitzende bejahte, denn: »Die muslimische Community im Lavanttal ist jung, man hat Angst vor dem, was fremd ist. Daher sollten wir uns besser kennenlernen.« Er erläuterte die Ursache der Abtrennung des Bereichs für Moslems: Da sich ihre Gräber nach Mekka richten, sei der Grund ein praktischer – sie passen nicht mit christlichen Stätten zusammen.
Pehlic berichtete vom ersten muslimischen Begräbnis, das vor wenigen Tagen in St. Margarethen stattfand: »Auch katholische und evangelische Menschen waren dabei – das zeigt, wir können gut miteinander auskommen.«
Auch Moshammer verstand die Aufregung: »Aber als ich las, dass das kommt, dachte ich: ›Endlich‹.« Sie erinnerte daran, dass die Evangelischen in Wolfsberg erst einen Friedhof statt einer Kirche hatten: Denn Selbstmörder und Evangelische durften früher nicht auf einer katholischen Ruhestätte beigesetzt werden. »Aber vielleicht hätte man das Vorhaben eines muslimischen Friedhofs in Wolfsberg früher öffentlich machen können«, merkte die Pfarrerin an. Damit traf sie den Kern. Auch Sitar meinte, »Kommunikation ist das Um und Auf, wenn man Dinge erklärt, funktioniert es. Man soll Lösungen suchen, nicht schönreden.«
Danach begann die Diskussion. Ein Anrainer aus St. Margarethen wollte wissen, warum eine Hecke Katholiken und Muslime trennt? Pehlic konnte das nicht beantworten, Thomas Groß sprang ein: »Sie ist ein Gestaltungselement«, um das ein Hodscha (Anm.: islamischer Religionsgelehrter) ersucht habe. Die St. Margarethnerin Irmgard Schilcher schilderte, wie sie erst nach langem Fragen bei den Stadtwerken Informationen zum muslimischen Friedhof erhalten hatte: Dort habe man ihre Bedenken zerstreut, »jetzt bin ich ruhig«. Aber: »Warum gab es vorher keine Information?« Eine Frage, die auch FPÖ-LAbg. Harald Trettenbrein stellte, worauf Stadtwerke-Geschäftsführer Christian Schimik auf die jetzige Veranstaltung verwies. Trettenbrein war nicht zufrieden.
Der St. Margarethener Armin Eberhard gab eine indirekte Antwort: Es sei klar gewesen, dass das Thema polarisieren würde, Widerstand und viele unterschiedliche Meinungen wurden befürchtet. »In den Gesprächen kam aber heraus: Im Tod sind wir alle gleich«, so Eberhard.
»Ich will hier begraben werden«
Dass die Muslime zu Wolfsberg stehen, machte Ferat Ay klar, der sein ganzes Leben in der Stadt verbracht hat: »Früher wurden unsere Toten in die Türkei gebracht. Meine Eltern und ich auch möchten aber unbedingt hier begraben werden«, sagte er. Und: »Wir sollten alle gegen den Terrorismus zusammenhalten und uns nicht gegen Tote und einen Friedhof stellen.«
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