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St. Paul. »Ob die Tafel in Bezug auf Sichtbarkeit und Textierung eine gute Lösung ist, sei dahingestellt.« Das sagt Andreas Kranebitter, der wissenschaftliche Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW), zur Hinweistafel, die kürzlich über den Umrissen des Hakenkreuzes an der Fassade des Konvikts in St. Paul angebracht wurde. Die gute Nachricht: Laut Kranebitter ist dem Stift hinsichtlich des Verbots- und des Abzeichengesetzes nichts vorzuwerfen.
Am Konvikt wurde wohl in den 1940er Jahren, als das Gebäude als Eliteschule für den nationalsozialistischen Nachwuchs diente, ein Hakenkreuz angebracht, dessen Umrisse bis heute klar zu sehen sind. Dabei handelt es sich um das Erkennungszeichen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP und damit um das bekannteste Symbol der Nazis. Wie berichtet wurde laut Pater Marian Kollmann, dem Administrator des Benediktinerstifts St. Paul, eine Woche vor der heurigen Karwoche eine erklärende Tafel über dem Emblem montiert, dessen Text das Benediktinerstift und das Mauthausen Komitee Kärnten gemeinsam erarbeitet hatten.
Der Titel lautet: »Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und als Mahnung für Gegenwart und Zukunft«. Der folgende Text geht auf die Vertreibung der Mönche und die Aufhebung des Stifts durch die Nazis ein sowie auf die Nutzung des Gebäudes als nationalpolitische Lehranstalt (Napola), in der die Jugend im Sinne der NS-Ideologie unterrichtet und auf den Krieg vorbereitet wurde.
Die Tafel ist aus einem durchsichtigen Material gefertigt, die gewählte Schrift ist sehr hell. Folge: Man muss nahe herantreten, um sie zu erkennen und den aufgedruckten Text lesen zu können. Das Hakenkreuz bleibt sichtbar, was vermutlich beabsichtigt ist, um den Charakter als »Erinnerung« und »Mahnung« herauszustreichen.
Das Verbotsgesetz
Laut österreichischem Gesetz ist es allerdings verboten, Nazi-Symbole zur Schau zu stellen. Kranebitter sieht in St. Paul aber kein rechtliches Problem. »Inhaltlich gehen wir davon aus, dass das Verbotsgesetz hier nicht greift«, so der wissenschaftliche DÖW-Leiter auf Anfrage der Unterkärntner Nachrichten, denn es komme »nur zur Anwendung, wenn damit eine Betätigung im NS-Sinne verbunden ist bzw. der Wille dazu erkennbar ist, was im Falle des Konvikts bzw. der Gemeinde St. Paul wohl auszuschließen ist«.
Ein öffentlich präsentiertes Hakenkreuz ist laut Kranebitter dem Abzeichengesetz zuzuordnen. Wer dagegen verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung. »Durch die Zusatztafel fällt die Sache unseres Erachtens aber auch in Bezug auf das Abzeichengesetz tendenziell unter die Ausnahmebestimmung«, so der wissenschaftliche Leiter des Dokumentationsarchivs. Er bezieht sich auf Paragraph 2/2 der Bestimmung, wonach die Verbote keine Anwendung finden, »wenn sich die Ausstellung und deren Zweckbestimmung eindeutig gegen das Ideengut der betreffenden verbotenen Organisation richten«. Das Stift ist mit der Hinweistafel also rechtlich »aus dem Schneider«.
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Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands
Das DÖW ist eine Stiftung und ein Verein, die sich mit Widerstand, Verfolgung und Exil während der Zeit des Nationalsozialismus, dessen Verbrechen und Justiz befasst. Es setzt sich auch mit dem aktuellen Rechtsextremismus in Österreich auseinander.
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