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Sie sind seit 2014 Wolfsberger Bezirksvorsitzende von »Frau in der Wirtschaft«. Ihr Resümee dieser zehn Jahre?
Ein positives. Als Unternehmerin mit Kindern kann ich mich mit den Themen von »Frau in der Wirtschaft« sehr gut identifizieren. Was da von der Wirtschaftskammer für Unternehmerinnen gemacht wird, ist eine tolle Sache. Denn Männer in der Politik befassen sich oft mit Themen nicht, mit denen eine Frau, die selbstständig ist, konfrontiert wird. Bei »Frau in der Wirtschaft« sind Frauen, die damit tagtäglich umgehen müssen und nach Lösungen suchen. Ich liebe es, im Bezirk Betriebe zu besuchen: Da sehe ich, wie viele tolle Frauen bei uns selbstständig tätig sind, was sie leisten, wovon man eigentlich gar nichts hört. Das motiviert mich, als Bezirksvorsitzende weiterzumachen.
Ihre Funktion ist mit viel Arbeit verbunden. Was trieb Sie an, den Bezirksvorsitz zu übernehmen?
Die Aufgabe ist ehrenamtlich. Es gibt einen tollen Spruch: Nicht alles, was zählt, ist zählbar. Nicht alles, was zählbar ist, zählt. Ich habe einen Delegiertentag besucht, bei dem auch Elisabeth Köstinger (Anm.: Die Wolfsbergerin hatte von 2017 bis 2022 zwei Ministerämter inne) war. Sie erzählte in ihrem Vortrag, wie sie gefragt wurde, ob sie in die Politik einsteigen wolle. Sofort dachte sie sich, das könne sie nicht, und fragte sich, ob sie den Aufgaben gewachsen wäre. Dann erzählte sie von einer Mentorin, die zu ihr gemeint hatte, Frauen denken zu viel, ein Mann würde sofort ja sagen. Dann dachte sie sich: Okay, ich versuche das jetzt, ich sage auch ja.
Bei uns im Bezirk war es auch so: Unsere damalige Vorsitzende Gabriele Radl hörte auf. Ich erhielt von unserer früheren Landesvorsitzenden einen Anruf, in dem sie mich fragte, ob ich diese Funktion übernehmen möchte. Da fiel mir Köstinger ein, denn auch mein erster Gedanke war: Kann ich das? Dann sagte ich mir, ich probiere es für ein Jahr. Daraus wurden mittlerweile zehn Jahre.
Werden es weitere zehn Jahre sein?
(Lacht.) Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich bin noch motiviert und es freut mich. Es ist natürlich mit großem Zeitaufwand verbunden. Sollte es sich mit meinem Betrieb nicht mehr vereinbaren lassen, würde ich es nicht mehr machen. Zurzeit sehe ich aber keinen Grund zum Aufhören.
Wie hat sich »Frau in der Wirtschaft« zuletzt entwickelt?
»Frau in der Wirtschaft« ist eine Teilorganisation der Wirtschaftskammer. Sobald eine Frau ein Gewerbe anmeldet, ist sie automatisch bei »Frau in der Wirtschaft«. Unser Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung wächst, unsere Veranstaltungen sind gut besucht, wir haben viele Projekte. Früher leisteten wir viel Aufklärungsarbeit, mittlerweile kommen die Frauen auf uns zu.
Welche Veranstaltungen werden durchgeführt?
Unsere kärntenweiten Veranstaltungen finden meistens im Casineum Velden statt, wir haben ein bis zwei große Jahresveranstaltungen. Auch auf Bezirksebene gibt es Veranstaltungen, meistens zu aktuellen Themen, zuletzt etwa zu »Area Süd« in Wolfsberg. Wir haben auch Projekte, unsere Vizepräsidentin Nicole M. Mayer ist dabei sehr engagiert, etwa bei Lehrlingen mit »G‘lernt ist g‘lernt«: Wir gehen in Betriebe und versuchen, die Lehre zu pushen. Oder das Technik-Sommercamp, bei dem wir Mädchen nicht-frauenspezifische Berufe näherbringen wollen.
Wie viele Unternehmerinnen sind im Lavanttal bei »Frau in der Wirtschaft«?
1.521 Unternehmerinnen sind dabei, das sind 40,6 Prozent aller Unternehmen.
Wie sieht es mit Frauen in Führungspositionen in großen Lavanttaler Betrieben aus?
Im Rahmen des Projekts »G‘lernt ist g‘lernt« waren wir bei Mondi Frantschach. Dort ist beispielsweise Elisabeth Wuggenig in einer führenden Position. Bei Geislinger in Bad St. Leonhard ist Sandra Greßl Werksleiterin, als Personalleiterin fungiert Andrea Fellner. Gleichstellung ist im Lavanttal wohl noch nicht vorhanden, aber wir haben Frauen in Spitzenpositionen.
In welchen Branchen sind selbstständige Frauen im Lavanttal zumeist tätig?
Im Verkauf, aber auch im Textilbereich sind viele Frauen selbstständig. Viele produzieren Bekleidung, auch Konditorinnen fallen mir ein. Es gibt aber auch Frauen, die nicht in frauenspezifischen Bereichen tätig sind, etwa Stefanie Brunner mit ihrer Erdbau-Transporte GmbH in St. Andrä. Wir haben im Bezirk tolle selbstständige Frauen in allen Bereichen. Oftmals sind sie aber als Friseurinnen oder in der Kosmetik tätig.
Wie ist der Trend? Machen sich mehr Frauen selbstständig? Oder bleibt die Zahl der Unternehmerinnen gleich?
40 Prozent aller Unternehmen sind nicht wenig, ich denke, der Trend ist steigend. Ich glaube, für Frauen ist dabei auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Motivation. Denn wenn ich selbstständig bin, kann ich mir meine Zeit und Termine selbst einteilen und bin nicht von einer Firma, von fix vorgegebenen Arbeitszeiten abhängig. Selbstständige Frauen haben natürlich mehr Arbeit und mehr Verantwortung, trotzdem ist ihnen, wie ich immer wieder höre, die Vereinbarkeit der Arbeit mir ihren Kindern wichtig. Dazu kommt dann natürlich auch die Leidenschaft für das eigene Unternehmen.
Mädchen in der Technik – seit Jahren ein Thema. Heuer gab es ein »Girls only«-Camp in der Technischen Akademie in St. Andrä. Ist auch hier der Trend positiv?
Auf jeden Fall. Ich finde das auch sehr positiv. Die Aufklärungsarbeit der vergangenen Jahre trägt Früchte. Aber es braucht alles eine gewisse Zeit, bis es »ankommt«.
Wie kann man Mädchen dafür begeistern, keinen klassischen Beruf zu ergreifen, sondern in der Technik tätig zu werden?
Indem sie es erleben können, wie etwa bei der »Girls Week«. Auch bei Lehrlingsmessen werden diese Berufe den Mädchen vermehrt angeboten, sie sehen dabei, dass sie es versuchen können. Denn es ist als Frau schwierig, wenn ich nie »geschnuppert« habe – traue ich mich dann dort als Lehrling hinein? Das ist nicht einfach.
Wie sieht es im Lavanttal mit Aufstiegschancen für Frauen in Betrieben aus? Herrscht Gleichberechtigung?
Das glaube ich nicht. Auch nicht in Kärnten oder Österreich, allein wenn man die Bezahlung betrachtet. Diese Themen sind bekannt. Aufstiegschancen in großen Betrieben – das ist etwas, was fehlt. Ich sehe es bei meinen eigenen Kindern. Eine meiner Töchter ist selbstständig, Elena ging nach Wien, weil sie nach der Matura im Bezirk nichts Passendes fand. Sie ist ehrgeizig, sie will im Leben etwas erreichen. Vor kurzem habe ich sie gefragt, ob sie wieder ins Tal zurückkommen wird. Sie sagte, sie glaube nicht, dass es für sie im Lavanttal entsprechende Verdienstmöglichkeiten oder berufliche Chancen geben würde.
Wird die Koralmbahn Chancen bringen, damit Frauen ins Tal zurückkommen können?
Ich hoffe darauf. Ich bin dazu sehr positiv eingestellt und hoffe, dass sich mit der Koralmbahn neue Chancen auftun. Unser Tal ist ein Paradies, wir haben alles, sauberes Wasser, gute Luft, die Berge, mit der Bahn auch eine sehr gute Anbindung. Wenn ich hier mit meiner Familie lebe, kann ich glücklich sein – aber die Familie muss auch ernährt werden. Da glaube ich, dass die Koralmbahn eine große Chance ist. Die Entfernungen werden quasi kürzer. Damit Neues wächst, wird es aber auch Zeit brauchen.
Seit wann betreiben Sie Ihr Fitnessstudio?
Ich bin seit 30 Jahren selbstständig. Ich kam durch meinen Mann dazu. Ich habe die HAK-Matura abgelegt und arbeitete danach bei einer Bank. Dann lernte ich meinen späteren Mann kennen, der sich selbstständig machen wollte. Erst habe ich ihm nur geholfen, dann war es mit den Kindern nicht mehr machbar, in meinen Job zurückzugehen. Also bin ich im Betrieb meines Mannes geblieben. Heute sage ich, es war eine super Entscheidung, denn ich liebe, was ich mache.
// Zur Person
Gabriela Kucher-Ramprecht ist 58 Jahre alt und mit Bernhard »Giovanni« verheiratet. Sie haben vier Kinder: Carina (35), Tamara (29), Elena (29) und Alessandro (27).
Kucher-Ramprecht betreibt seit 1995 mit ihrem Mann das Fitnessstudio Club Vital in St. Stefan. Zuvor war sie bei einer Bank im Lavanttal beschäftigt.
Die Wolfsbergerin ist Kärntner Branchensprecherin der Wirtschaftskammer-Fachgruppe für Fitnessbetriebe und seit zehn Jahren Wolfsberger Obfrau von Frau in der Wirtschaft.
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