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Ein Apothekerleben im 17. Jahrhundert: Leben und Taten des Bartlme Writz gibt es jetzt zum NachlesenAusgabe 51 | Dienstag, 19. Dezember 2023

Der St. Andräer Heinz Guntschnig hat in St. Paul Unterlagen über den ehemaligen Stiftsapotheker gesichtet und einen Artikel für »Carinthia I« verfasst. Er beschreibt die Stationen Writz‘, für welchen Likör der Abt eine Schwäche hatte und was die Mönche plagte.

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Unterkärntner Nachrichten Redaktion Von Unterkärntner Nachrichten Redaktion officeno@spamunterkaerntner.at
Heinz Guntschnig (Bild unten) hat viele Stunden im Archiv des Stifts St. Paul verbracht, um Bartlmes Geschichte nachzeichnen zu können. Der war der Sohn eines Bleiburger Mesners und zog durch Österreich, Deutschland und Slowenien, ehe er im Stift sesshaft wurde. Fotos: Guntschnig, UN-Archiv

Artikel

St. Paul. Abt Albert Reichart, 1677 zum Vorsteher des Stifts St. Paul gewählt, hatte wohl eine Schwäche für Weichsellikör mit Muskat. Er gab dem Stiftsapotheker Bartlme Philibert Writz etliche Male Zuckerhüte mit einem Gewicht von jeweils drei bis vier Pfund, damit der ihm den Trank, auch »schwarze Kerschen« genannt, zubereitete. Der Abt war wohl der beste Kunde des Apothekers, der sich wiederum auf die Mixtur hervorragend verstand, denn Albert Reichart hatte das Stift 50 Jahre lang geleitet, als er 1727 im Alter von 87 Jahren starb.

»Mich fasziniert, wie aus Details ein Gesamtbild entsteht«
Heinz Guntschnig, Autor des »Carinthia I«-Beitrags

So liest sich eine Episode des Artikels »Heilkundliches aus dem Stiftsarchiv St. Paul. Der Stiftsapotheker Bartlme Philibert Writz«. Er stammt vom St. Andräer Heinz Guntschnig und ist Teil der jetzt neu erschienenen »Carinthia I«, der Zeitschrift des Geschichtsvereins für Kärnten. Guntschnig befasst sich in seinem Beitrag nicht nur mit Writz, sondern auch mit weiteren Apothekern, Ärzten und Badern, die einst in St. Paul tätig waren.

Doch die Geschichte des 1642 geborenen Bartlmes sticht am meisten hervor. Dessen Vater Georg Writz war Mesner in der Pfarrkirche Bleiburg und ließ den Nachwuchs etwas lernen: »Die Voraussetzung für die Apothekerlehre waren damals solide Lateinkenntnisse«, schreibt Guntschnig, »für die der junge Mann bis zu seinem 16. Geburtstag oder noch länger eine Lateinschule besuchen musste.«

Bartlmes Lebensweg
Der 67-jährige Guntschnig, der sich mit der Aufarbeitung der Akten im Archiv des Stift St. Paul befasst, zeichnet den Lebensweg Bartlmes akribisch nach: Dessen erste berufliche Station war Graz, wo er beim kaiserlichen Hofapotheker Hans Wolf Fetzer die Lehre begann und 1666 nach fünf Jahren abschloss. Das nächste Dienstzeugnis stammt vom 15. April 1667 vom Apotheker Andre Philomela aus dem slowenischen Celje. Dort hatte Writz ein Jahr lang gearbeitet, ehe es ihn nach Rudolfswerth/Novo Mesto, ebenfalls in Slowenien, zog. Danach ging er nach München und nach Landshut, schließlich nach Bad Aussee und Marburg/Maribor.

Aus Gmunden stammte das letzte Dienstzeugnis Bartlmes, bevor er am 15. März 1680 seinen Dienst in der Stiftsapotheke von St. Paul antrat. Hier rangierten Apotheker mit 80 Gulden pro Jahr in der Gehaltshierarchie an zweiter Stelle hinter dem Hofrichter mit 100 Gulden jährlich. Writz‘ Kunden waren Prominente, etwa Johann Andreas Graf Sauer, Herr auf Reideben, aber auch Mönche, die unter Verdauungsproblemen, besonders unter Verstopfung litten. Guntschnig: »Dagegen fertigte der Apotheker Laxier- oder Purgiersackl als Abführmittel an. Diese Säckchen wurden mit Kräutern gefüllt, in Wein getränkt und auf den Bauch gelegt.«

Vom Schlag getroffen
Sich selbst erfolgreich zu behandeln gelang dem Apotheker Writz aber nicht: In der Nacht auf den 28. April 1682 starb er mit nur 40 Jahren, »mutmaßlich vom Schlag getroffen«, wie der St. Pauler Abt Albert Reichart in sein Tagebuch notieren ließ.

Wie kommt man auf dieses Thema? »Indem man im Stift die Akten durchblättert und sich Notizen macht«, sagt Guntschnig. Seit etwa fünf Jahren geht der frühere Bundesheer-Jurist, Kasernenkommandant, Immobilienmakler und Sachverständige dieser Tätigkeit nach, die er »meine Pensionsbeschäftigung« nennt. Ihn fasziniert, »wie aus Details ein Gesamtbild entsteht, das zeigt, wie die Menschen früher ihr Auskommen fanden«. Die Unterlagen werden ihm nicht ausgehen: »Im Archiv gäbe es Arbeit für mehrere Leben«, sagt Guntschnig. Es wird also wohl weitere Einblicke in die Vergangenheit des Stifts, des Lavanttals und seiner Menschen geben.

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