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Georg Fejan: »Eine gut funktionierende Demokratie sollte mit jedem Wahlergebnis zurechtkommen«Ausgabe 40 | Mittwoch, 2. Oktober 2024

Der Wolfsberger Bezirkshauptmann Georg Fejan (50) war Vorsitzender der Bezirkswahlbehörde bei der Nationalratswahl. Er erzählt, wie die Stimmauszählung der Wahlkarten abläuft, wie schwierig es ist, Beisitzer zu bekommen und ob er sich auf Wahlen freut.

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Horst Kakl Von Horst Kakl kaklno@spamunterkaerntner.at
Georg Fejan ist ein gefragter Mann im Bezirk: Auch bei der Nationalratswahl spielte er eine wichtige Rolle. Laut ihm haben jetzt im Bezirk Wolfsberg mehr als 7.000 Personen eine Wahlkarte angefordert. Die Nationalratswahl beschäftigte ihn etwa 60 bis 80 Stunden lang, Manipulationsversuche sind ihm noch nie untergekommen. Foto: UN-Archiv

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Sie sind der oberste Chef der Wahlbehörde im Lavanttal. Was hat man da eigentlich zu tun?
Als Bezirkshauptmann bin ich Vorsitzender der Bezirkswahlbehörde, die nach den gesetzlichen Vorgaben viele unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen hat. Neben der Funktion als Schnittstelle zwischen der Wahlbehörde des Landes bzw. Bundes gegenüber den Gemeindewahlbehörden geht es um die Übermittlung von Drucksorten an die Gemeinden für die Abhaltung der Wahl, um den Vorsitz in den Sitzungen der Bezirkswahlbehörde und um die rechtliche Hilfestellung für die Gemeinden. 

Der Hauptteil ist aber das »Wahlkartenmanagement«: Die Wahlkarten werden nach Stimmabgabe an die Bezirkshauptmannschaft zur Registrierung übermittelt, in der Folge – zwei Tage vor der Wahl – an die jeweiligen Gemeinden zur Stimmauszählung verteilt bzw. wird ein Teil der Wahlkarten am Montag nach dem Wahltag von der Bezirkswahlbehörde selbst ausgezählt.

Wie viele Mitarbeiter waren in der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg mit der Nationalratswahl beschäftigt? 
Bei früheren Wahlen waren es bis zu zehn Personen, aufgrund bürokratischer Erleichterungen waren  bei der aktuellen Wahl sieben Bedienstete tätig. Der wesentlichste Teil der Arbeit wird aber von zwei Kolleginnen in der Verwaltungsdirektion erledigt.

Wie viele Dienststunden waren Sie mit der jüngsten Wahl beschäftigt?
Etwa 60 bis 80 Stunden, wobei die genannten Kolleginnen in der Verwaltungsdirektion der Bezirkshauptmannschaft wesentlich mehr Zeit dafür aufwenden müssen.

Was geschieht nach der Wahl mit den Stimmzetteln? Wie lange und wo werden sie aufbewahrt?
Sie werden gesichert aufbewahrt. Eine Vernichtung der Stimmzettel kann erst dann erfolgen, wenn das Ergebnis der Wahl unanfechtbar feststeht.

Wie werden Wahlen gegen Manipulationen abgesichert? 
Österreich hat sehr strenge Wahlgesetze, die Manipulationen weitest möglich ausschließen. Wahlbehörden, Wahlzeugen und allenfalls Wahlbeobachter bzw. der Verfassungsgerichtshof wachen über die Einhaltung der Regeln. 

Bei der persönlichen Stimmabgabe im Wahllokal verlässt der Stimmzettel bis zum Einwerfen in die Urne nie die Sphäre des Wählers, der sich zudem ausweisen muss. Die persönliche und geheime Stimmabgabe ist garantiert. Bei der Wahl mittels Wahlkarte weiß man natürlich nicht mit Sicherheit, unter welchen Umständen die Stimme abgegeben wurde oder ob sie wirklich von der betreffenden Person stammt, wiewohl auf der Wahlkarte die persönliche Unterschrift nötig ist. Die Wahlkarte gelangt – anders als der Stimmzettel im Wahllokal – nach der Stimmabgabe in fremde Hände, etwa des Postzustellers. Hier bleibt ein theoretisches Restrisiko, das der Gesetzgeber aber so in Kauf nimmt. Allgemein laufen die Wahlen in Österreich aber sehr geordnet und transparent ab.

Gibt es laut Ihrer Erfahrung Manipulationsversuche? 
Aus meiner persönlichen Erfahrung ist mir nichts bekannt. Die Strafdrohungen sind entsprechend hoch.

Wie lief die Ausgabe der Wahlkarten? Gab es Probleme?
Die Ausgabe verlief problemlos.

Wie abgesichert ist das System mittlerweile gegen Fehler bzw. Irrtümer?
Fehler können zwar passieren, kommen aber aufgrund des sehr genauen Regelwerks und der guten Organisation der Wahlbehörden selten vor. 

Eine große Zahl der Wähler wählte zuletzt mittels Wahlkarte. Stieg diese Zahl bei dieser Wahl weiter an?
Ja, der Trend geht wie schon bei den letzten Wahlen in Richtung einer höheren Quote an Wahlkartenwählern. Im Bezirk Wolfsberg wurde von über 7.000 Personen eine Wahlkarte angefordert.

Warum wählen Ihrer Ansicht nach so viele Menschen mittels Karte?
Neben geplanten Abwesenheiten am Wahltag ist es für viele Bürgerinnen und Bürger einfach, praktisch und bequem geworden, mittels Wahlkarte zu wählen. 

Wie läuft das Prozedere der Auszählung bei den Wahlkarten ab?
Die Bezirkswahlbehörde tritt am Tag nach der Wahl zusammen. Nach dem Aufschneiden der Wahlkarten werden die darin enthaltenen Wahlkuverts gemischt und erst dann geöffnet. Im Anschluss erfolgt die Auszählung der Stimmen durch die Mitglieder der Bezirkswahlbehörde, wobei zuerst die Stimmen den Parteien zugeordnet werden, bevor die Vorzugsstimmen ermittelt werden.

Sind die Menschen noch bereit, sich als Beisitzer zur Verfügung zu stellen? Wie funktioniert das?
Bis zur Gegenwart standen den Wahlbehörden ausreichend Beisitzerinnen und Beisitzer zur Verfügung, wobei dies künftig sicher schwierig wird, weil sich zum einen die Gestaltung der Freizeit in den vergangenen Jahren geändert hat. Und zum anderen haben die Ereignisse um die Bundespräsidentenwahl 2016 dafür gesorgt, dass viele Menschen Bedenken wegen persönlicher Nachteile und Haftungen bekommen haben.

Zum Beisitzer oder zur Beisitzerin wird man, indem man durch eine wahlwerbende Partei, der ein Sitz in der Bezirkswahlbehörde zusteht, nominiert wird.

Waren Sie bei der Wahl persönlich anwesend? Kontrollieren Sie die Lokale?
Nein, das ist keine Aufgabe der Bezirkswahlbehörde.

Wie lange dauert Ihr Dienst an Wahltagen?
Die Bezirkshauptmannschaft ist am Wahltag ab 8 Uhr besetzt. Der Dienst dauert in der Regel bis in den späten Abend.

Welche Wahl findet das meiste Interesse der Lavanttaler?
Der langjährige Trend bei der Wahlbeteiligung ist in Österreich und auch im Bezirk Wolfsberg rückläufig. Das geringste Interesse im Sinne der Quote der Wahlbeteiligung finden regelmäßig die Wahlen zum Europäischen Parlament – obwohl auf dieser Ebene oft »wichtigere« Entscheidungen fallen als auf nationaler Ebene. Die Wahlbeteiligung bei den Nationalrats-, Landtags- und Gemeinderatswahlen ist durchaus miteinander vergleichbar.

Ihre wievielte Wahl fand am vergangenen Sonntag statt?
Als Bezirkswahlleiter war es meine 13. Wahl.

Freuen Sie sich auf Wahltage?
Freude ist nicht der richtige Ausdruck, da man als Wahlleiter unter großem Druck steht und geneigt sein muss, jede Art von Fehler zu vermeiden – es ist ein Gefühl der positiven Spannung. Andererseits leistet man einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren der Demokratie. Viele Menschen auf der Erde haben keinen Zugang zu freien und geheimen Wahlen, und dies teilweise gar nicht so weit von uns entfernt.

Welche Partei hätten Sie gerne als Sieger gesehen?
Für mich ist eine möglichst hohe Wahlbeteiligung der größte Wert, sie zeigt das Interesse der Menschen an der Demokratie. Bei einigen Wahlen in der Vergangenheit war die stärkste Gruppe die der Nichtwähler, was nirgendwo so sein sollte. Eine gut funktionierende Demokratie sollte mit jedem Ergebnis zurechtkommen.

// Zur Person
Georg Fejan, geboren am
3. August 1974 in Wolfsberg, maturierte 1992 am Stiftsgymnasium St. Paul. Es folgte ein Studium der Rechtswissenschaften in Graz, danach war er Beamter des Landes Kärnten in der Landesregierung und der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg. 2013 wurde er zum Bezirkshauptmann ernannt. Fejan ist auch Geschäftsführer des Schulgemeindeverbands und des Sozialhilfeverbands Wolfsberg.

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