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Kabarettist Christian Schwab: »Es gibt immer Figuren, die sich zum Parodieren aufdrängen«Ausgabe 6 | Mittwoch, 10. Februar 2021

Der Wolfsberger Kabarettist Christian Schwab (42) im Gespräch mit den Unterkärntner Nachrichten über die Corona-Zeit, welche Witze noch der Political Correctness entsprechen, sein Buch »Oh mein Gott!« und sein Engagement bei der TV-Show »Gute Nacht Österreich«

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Unterkärntner Nachrichten Redakteur Michael Swersina Von Michael Swersina m.swersinano@spamunterkaerntner.at
Links: Christian Schwab veröffentlichte 2017 sein Buch »Oh mein Gott!«. Mitte: Schwab (2. v. r.) mit den Comedy Hirten Herbert Haider (l.), Rolf Lehmann (2. v. l.) und Peter Moitzi (r.). Rechts: Schwab erhielt mit Peter Klien im Dezember den Österreichischen Kabarettpreis. Fotos: Comedy Hirten, Lukas Beck, privat.

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Ich habe Sie als  Kabarettist, Gag-Schreiber, Comedy-Hirte usw. vorgestellt. Sie haben gemeint, es ist gar nicht so einfach, eine Berufsbezeichnung für Sie zu finden.  Wie lautet Ihre Berufsbezeichnung genau?

Nachdem ich seit fünf Jahren eine Firma habe und selbstständig bin, denke ich, ich bin in erster Linie Unternehmer. Das muss ich einmal so sagen, weil es immer den einen oder anderen Politiker gibt, der sagt, Kabarettisten haben keinen Umsatz und sind nicht unternehmerisch tätig. Wir sind aber sehr wohl wirtschaftlich und unternehmerisch tätig. Aber es stimmt schon, ich bin eigentlich alles, was Sie aufgezählt haben. In Wahrheit bin ich Beobachter des täglichen Geschehens und versuche, immer etwas daraus zu machen. Kabarettist passt gut.

Vor etwas mehr als einem Jahr hörte man erstmals von Corona. Damals wurde es belächelt. Ein Jahr später haben wir Lockdowns hinter uns und leben in einer Zeit der Pandemie. Wie ist es Ihnen in diesem Jahr ergangen?  

Das ist damals recht schnell gegangen. Nach anfänglichen Witzen über Wuhan und China, als noch jeder dachte, das ist alles weit weg und wird bald wieder verschwinden, ging dann alles sehr schnell. Im Februar habe ich noch in St. Pölten gespielt, damals machten wir Witze über Geisterspiele beim Fußball – und plötzlich war das alles Realität. Ich habe in diesem Jahr sehr viel geschrieben, vor allem für »Gute Nacht Österreich«, nachdem ich dort der Head-Autor war. Da haben wir, abgesehen von der Sommerpause, jede Woche eine Sendung rausgestampft. 

Ich habe in diesem Jahr auch viel gespielt, zwar nicht Kabarett, aber dafür mit meiner Tochter, die bald fünf Jahre alt wird. Das war ein sehr schöner Nebeneffekt, dass ich viel Abende zu Hause verbringen konnte. 

Im April des Vorjahrs haben Sie in einem Interview geäußert, dass sie das alles sehr locker angehen und zuversichtlich sind. Denken Sie jetzt, fast ein Jahr später, noch genauso? 

Ich bin ein mental sehr fitter Mensch, und am Ende gewinnt bei mir immer die Zuversicht. Man muss jetzt, wenn man zurückblickt, auch sehen, dass die Kabarettisten und Unterhalter dieses Landes gleich im ersten Lockdown TV-Geschichten und anderes darüber gemacht haben. Wenn auch noch die Kabarettisten in Weltuntergangsstimmung verfallen, dann schaut es ganz schlecht aus. Es ist ja unsere Aufgabe, dass Land auch in verzwickten Lebenslagen zu unterhalten.

Ein Jahr danach: Zuversicht ja, aber ich habe auch große Sorgen: die wirtschaftliche Lage in diesem Land und das Gesellschaftliche.

Was besorgt Sie beim Gesellschaftlichen? 

Es rumort schon sehr in der Gesellschaft. Mir  fehlt ein bisschen die Mitte und der Pragmatismus. Dass man reden kann, auch über schwierige Themen, ohne gleich in irgendein extremes Eck gestellt zu werden. Das ist ein großes Thema, das es zu lösen gilt, das bereits 2015 in der Flüchtlingsfrage begonnen hat.

Viele Themen spalten die Bevölkerung einfach nur noch, so wie aktuell das Impfen. Und ich frage mich immer wieder, was kommt als Nächstes? Wir sollten alle zusammen einen Weg zurück zur Mitte des Dialogs zu finden. Die Spaltung der Gesellschaft macht mir Sorgen.

Sie schreiben die Gags für Peter Klien und die »Gute Nacht Österreich«-Show. Wie gehen Sie dabei vor, um nicht in irgendein Eck gestellt zu werden?

Momentan tue ich mir damit sehr leicht, weil die Sendung gerade pausiert. Derzeit wird mit dem ORF verhandelt, ob bzw. wie es im Herbst damit weiter geht. 

Es ist aber gar nicht immer die Frage nach links oder rechts, es sind vielmehr die Themen. Für mich ist immer lustig, wenn man von Coronagegner spricht. Ich bin auch ein Coronagegner und ich glaube nicht, dass es überhaupt einen Coronabefürworter gibt. Bei Coronademos marschiert jeder mit, vom rechten Rand bis hin zum Esoteriker oder ganz normalen Leuten. Ich glaube, um zum Gagschreiben zurückzukommen:  Macht braucht nicht nur Kontrolle, sie braucht auch Satire. Die Pointenverteilung spiegelt sich sicher in Mandatssitzen wider. Es ist klar, dass diejenigen, die mehr Macht haben und öfters öffentlich vorkommen, sich auch für die Satire besser anbieten. Es logisch, dass die Regierungsparteien öfter vorkommen. Die, die Macht haben, bekommen auch mehr Fett ab.

Haben Sie irgendwelche Politiker, die Sie gerne aufs Korn nehmen? 

Den Karl Nehammer, den Gernot Kulis sehr erfolgreich parodiert, habe ich im Mai bei »Gute Nacht Österreich« erstmals gespielt. Mit den Comedy-Hirten haben wir einmal das »virologische Quartett« mit Rudi Anschober, Werner Kogler, Karl Nehammer und Sebastian Kurz gespielt. 

Es gibt immer wieder Figuren, die sich aufdrängen, wie zum Beispiel Pamela Rendi-Wagner, Rudolf Anschober mit seinen vielen Diagrammen, Werner Kogler mit seinen Schachtelsätzen, der Kickl ist der kleine Giftzwerg, der herum wütet – so entwickeln die Figuren ihren eigenen Charakter.

Ist es derzeit angebracht, Witze über Corona zu machen? 

Ich denke, man sollte das sogar machen. Die Tragödie darf nicht das letzte Wort haben. Den Alltag humoristisch abzubilden, wie es den Leuten zu Hause geht mit Home-Office, Homeschooling, dass die Gastronomie zugesperrt hat – das kritisch und lustig aufzuarbeiten, hilft den Menschen, und man sollte es auch machen. 

Stichwort Political Correctness. Früher gab es Frauenwitze, Ausländerwitze, Witze über Minderheiten usw. Heute wird man schon fast verurteilt, wenn man nicht richtig gendert. Wie sehr beeinflusst Sie das beim Gag-Schreiben? 

Es vollzieht sich ein Wandel. Ich bin ein großer Fan von Harald Schmidt. Aber diese Witze, wie die Polenwitze, dürfte man heute nicht mehr erzählen. Es ist aber auch sehr gut, was hier passiert. Ich denke, wir beide sind damit aufgewachsen, dass Frauen im Fernsehen keine Namen hatten und eher als optischer Aufputz dienten.

Und da ist es gut, dass es nun in eine andere Richtung geht. Es ist gut, dass viele Sachen nicht mehr gemacht werden, aber es wird teilweise auch schon wieder übertrieben. Das behindert natürlich auch beim Schreiben. Im Idealfall macht jeder Kabarett in der Lebenssituation, in der er sich auskennt: Dass eben Schwulenwitze von Homosexuellen kommen, Witze über Minderheiten von Mitgliedern der Minderheiten und so weiter. 

Aber Kabarett und Witze leben nun einmal davon, gewisse Klischees zu bedienen.

2020 war eine große Tour der Comedy Hirten geplant. Musstet Ihr alles absagen? 

Wir haben vergangenes Jahr nicht viel gespielt. Wir haben im August eine Doppelvorstellung gehabt. Im September kamen dann schon wieder die nächsten Absagen. Im Oktober hatten wir fünf oder sechs Auftritte. Dabei waren die Vorkehrungen der Veranstalter mit Abstand, Tests usw. ausgezeichnet. Daher verstehe ich es nicht, dass es nicht möglich ist, kleinere Veranstaltungen durchzuführen.

2017 haben Sie das Buch »Oh mein Gott!« veröffentlicht. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Buch zu schreiben? 

Es war schon immer ein Wunsch und Lebensziel. Ich wollte ursprünglich mein Ö3-Projekt »In 80 Sekunden um die Welt« in Buchform zu bringen. Mein Verlagschef meinte dann, dass wir etwas Neues machen und nicht alte Texte verwenden sollten. Religionen und andere Kulturen haben mich schon immer interessiert, und so kam es dann zu »Oh mein Gott«. 

Können Sie zum Abschluss noch spontan einen Witz erzählen, der politisch korrekt ist? Also jugendfrei, kein Frauenwitz, kein Witz über Minderheiten usw.? 

(lacht) Sie haben jetzt schon alles ausgeschlossen. Ich bin kein Witzerzähler im klassischen Sinn. Völlig harmlos und auf die Schnelle: Der Babyelefant ist zum Wort des Jahres gekürt worden, er hat mit großem Abstand gewonnen. 

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