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Wie war Ihre Kindheit auf dem Bergbauernhof über Ettendorf?
Wir waren acht Kinder, und als ich neun Jahre alt war, starb meine Mutter an Krebs. Sie hatte am Ende so große Schmerzen, dass wir sie auch in 100 Meter Entfernung noch schreien hörten. Danach fiel ich in ein tiefes Loch. Meine Stiefmutter war dann ein Geschenk, sie war für uns Kinder wie eine richtige Mutter. Wir mussten natürlich schon in jungen Jahren auf dem Hof mithelfen, jeder hatte seine Aufgabe. Wir hatten ja auch ein Gasthaus, da saßen die Leute in der Küche. Es gab einen großen Tisch für die Familie und einen für die Gäste. Unsere Ohrwascheln waren natürlich beim anderen Tisch. Da hörten wir oft Dinge, die für Kinderohren nicht bestimmt waren. Meine Großmutter war sehr religiös, die holte dann Weihwasser und bekreuzigte uns Kinder damit.
Ihr Schulweg war relativ lang …
Ja. Fünf Kilometer runter und fünf Kilometer rauf. Am Anfang gab es nicht einmal eine Straße. Wir gingen durch einen Hohlweg, durch den die Bauern ihr Holz zogen. Das war im Winter eine super Rodelbahn, allerdings sehr eisig und fürchterlich steil. Trotzdem fuhren wir jeden Tag ein Rennen. Unglaublich, dass nie etwas passiert ist. Wenn die Straße nicht gebaut worden wäre, wäre ich wahrscheinlich Bobfahrer und nicht Boxer geworden.
Wie entstand die Begeisterung fürs Boxen?
Wir hatten in den 60er Jahren den einzigen Fernseher weit und breit. Bei den Kämpfen Muhammad Alis, die um 4 Uhr in der Früh übertragen wurden, blieben die Leute einfach im Gasthaus. Der Vater stellte ihnen Getränke hin und sagte, legt´s das Geld einfach hin. Wir Kinder standen auf und schauten zu. Der Ali hat mich so begeistert, dass ich auch Boxer werden wollte. Viele Jahre später bei einem Kampf von mir in Dänemark war er der Stargast. Da hingen Plakate in der Stadt, auf denen er und ich zu sehen waren. Da sprach ich auch kurz mit ihm.
Wie ging es weiter?
Mein Vater besorgte mir bei einem Fleischer in Lavamünd einen Lehrplatz. Dort benützte ich dann, lange bevor es Rocky Balboa im Film machte, die Schweinehälften als Sandsack und schlug ordentlich drauf. Einmal erwischte mich der Lehrherr und schimpfte mich zusammen. Aber die Leute kauften ihre Schnitzel trotzdem immer bei uns und nicht beim anderen Fleischhauer des Orts. Wahrscheinlich, weil sie sie nicht mehr klopfen mussten, weil ich das schon erledigt hatte.
Woher stammt der Name Tiger?
Ich habe leider viel zu kurze Arme. Ich musste also in den Infight und tigerte mich da so richtig rein. Deshalb gaben mir die Kollegen in der HSNS in Wien den Namen. Apropos HSNS in Wien: Dort leisteten auch Herbert Prohaska und Hans Krankl ihren Grundwehrdienst. Am Morgen gab es immer einen längeren Lauf, da hängte ich die beiden ab. Krankl wurmte das und er sagte zu mir: ›Tiger, ich gehe mit dir mit einem Ball zehn Minuten in eine Telefonzelle und du berührst ihn nie.‹ Ich meinte darauf: ›Kann schon sein, aber ich geh mit dir zehn Minuten in die Telefonzelle und dich tragen sie mit zwei blauen Augen raus, und mir fehlt nichts.‹ Dann war er leise.
Ihren Europameistertitel gewannen Sie, weil Sie Ihr Gegner Hansen nach dem Pausengong traf, sie zu Boden gingen, liegen blieben und er disqualifiziert wurde. Das wird Ihnen bis heute vorgeworfen. Nervt Sie das?
Sicher. Als ich das Video danach angesehen habe, fand ich es auch komisch, wie ich da zu Boden ging. Aber der ORF-Kommentator Sigi Bergmann rief mir zu, dass ich liegen bleiben soll, den Ratschlag befolgte ich und wurde so Europameister.
Wir hat es mit den Gagen ausgeschaut?
Wir verdienten einen Pappenstiel. Bei einem Kampf gegen einen Italiener bekam ich 1.000 Schilling pro Runde, und das Geld musste ich auch noch versteuern. Für meinen Weltrekord im Schnurspringen erhielt ich doppelt so viel.
Sie waren Weltrekordler im Schnurspringen?
Ja, den stellte ich in Wien auf. Das wurde damals in einem Kaufhaus groß aufgezogen. Es gab mehrere Versuche in verschiedenen Disziplinen. Da lag ein Fakir auf Glasscherben und ich sprang Schnur und verbesserte den Rekord um eine Minute auf 6:13 Stunden. Das war eine unglaubliche Tortur. Das Leibchen rieb und meine Brustwarzen bluteten, das brannte höllisch und am nächsten Tag waren meine Zehennägel schwarz, aber ich ging arbeiten. Das tat ich auch nach meinen Marathons und meinen Boxkämpfen. Ich bin oft mit einem blauen Auge im Büro gesessen, ich wollte mir einfach nichts nachsagen lassen.
Es blieb bei den Kämpfen aber nicht nur bei blauen Augen?
Ja. Ich war sehr anfällig für Cuts, hatte mehrere Brüche an der Hand und mir wurde sechs- oder siebenmal die Nase gebrochen. Dann war sie wie Gummi.
Was sagte Ihre Frau?
Die ist Krankenschwester und meinte: Tu, was du tun musst, aber zu Hause möchte ich kein Jammern hören. Ich hielt mich dran, sonst wären wir nicht über 40 Jahre verheiratet.
Sie gelten als gutherziger und humorvoller Mensch. Fiel es Ihnen schwer, auf andere Menschen einzuschlagen?
Der Ehrgeiz war größer als das Mitgefühl. Ich wollte aber nie jemanden verletzen, und es mag schon sein, dass mir in der einen oder anderen Situation der Killerinstinkt fehlte.
Sie blieben auch nach der Karriere beim Bundesheer, brachten es zum Vize-Leutnant und kämpften für ein Bundesleistungszentrum in Kärnten …
Das war einer meiner härtesten Kämpfe, weil er nicht 15 Runden, sondern 16 Jahre dauerte, aber ich blieb zäh, gab nicht auf und im Jahr 2000 ging mein Traum schließlich doch noch in Erfüllung. Das Zentrum wurde in Faak eingerichtet und ich durfte es leiten. Dort waren Sportler wie Thomas Morgenstern oder Martin Koch stationiert.
Was machen Sie in der Pension?
Mein Herz schlägt noch immer fürs Boxen. Ich halte auf dem Sportinstitut der Universität Klagenfurt Kurse ab, die auch von sehr vielen Frauen besucht werden. Ich leite in Schulen und für das Berufsförderungsinstitut Antiaggressionskurse. Zum Lavanttal habe ich noch immer eine enge Beziehung. Dort ist das Grab meiner Eltern, dort leben viele Verwandte und ein Bruder führt die Gulaschhütt`n in St. Andrä.
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