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Bienenstreit: Lavanttaler Berufsimker suchen sich eine neue HeimaAusgabe | Mittwoch, 27. Juni 2018

Um ihre wirtschaftliche Existenz nicht zu gefährden werden in den nächsten Tagen Lavanttaler Berufsimker ihre Bienen in „Sicherheit“ bringen.

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WOLFSBERG. Seit fast 60 Jahren hat sich die Familie Sturm der Honigproduktion verschrieben. Mit ihren derzeit 3.000 Bienenvölker ist sie der größte Honigproduzent in Österreich und beliefert über 1.000 Geschäfte in Österreich und 5.000 in Deutschland. Einziger Haken dabei ist, ihre Bienen entsprechen nicht den Rassenbestimmungen des Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz. Die Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg hat nun ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet. Die Imker wurden aufgefordert „den gesetzmäßigen Zustand ihrer Bienenvölker, die nicht der Rasse Carnica angehören auf Königinnen der Rasse Carnica umzuweiseln“. Im Klartext heißt das, dass die derzeitigen, nicht den Rassenbestimmungen entsprechenden Bienenköniginnen getötet werden und durch Carnica-Königinnen ersetzt werden müssen.

 

Hohe wirtschaftliche Verluste

„Eine Carnica-Königin kostet etwa 40 Euro, bei 3.000 Völkern sind das 120.000 Euro. Dabei gibt es allerdings keine Garantie dafür, dass die Umweiselung den vom Gesetz gewünschten Rassen-Effekt bringen wird“, können die betroffenen Imker das Vollstreckungsverfahren bienenfachlich und genetisch nicht nachvollziehen. Dazu rechnet die Familie Sturm auch damit, dass die umgeweiselten Völker nicht den Honig-Ertrag bringen werden, den sie mit ihren bisherigen Königinnen erreichten: „Wir können jetzt auch unsere Premiummarke den Kärntner Waldhonig nicht mehr produzieren, wir rechnen in den nächsten Jahren mit finanziellen Verlusten im mittleren bis hohen sechsstelligen Bereich, wenn wir die vom Gesetz geforderten Umweiselungen durchführen. Um nicht die Existenz von elf Dauerarbeitsplätzen und sechs saisonalen Arbeitsplätzen zu gefährden sind wir gezwungen mit unseren Völker auszuwandern in andere Bundesländer und auch ins Ausland, wo andere Gesetze gelten“. 600 Bienenvölker hat die Familie Sturm schon in „Sicherheit“ gebracht, der Rest wird bis zum Ablauf der gesetzlichen Fristen ebenfalls aus Kärnten ausgelagert. Der nun schon seit drei Jahrzehnten andauernde Rassenkrieg zwischen den Kärntner Carnica-Hobbyimkern und den Kärntner Erwerbsimkern, die mit ihren nicht reinrassigen Bienen wirtschaftlich weiterarbeiten wollen, hat einen neuen unrühmlichen Höhepunkt erreicht. Nach dem Kärntner Bienenwirt- schaftsgesetz wären, rein recht- lich, Ausnahmen zur Haltung von Bienen, die nicht der Rasse Carnica entsprechen, möglich, doch bislang wurde keine Ausnahmegeneh- migung von der Kärntner Landes- regierung erteilt (einige Ansuchen sind noch im Laufen).

 

„Deutsche“ Königinnen?

Das Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz hat viele Schwächen, so mangelt es derzeit noch an einer Durchführungsverordnung zur Umsetzung der Rassenbestimmungen. Die Frage muss in diesem Zusammenhang erlaubt sein: Woher sollen die reinrassigen Carnica-Königinnen kommen, die für die Schaffung einer reinrassigen Bienenbevölkerung in Kärnten sorgen sollen? Eine Möglichkeit wäre die ehemalige Reichskörstelle in Mayen (heute Fachzentrum für Bienen und Imkerei), wo in der NS-Zeit von Zuch- tideologen versucht wurde, Hitlers Rassenwahn zur absoluten Reinzucht der „deutschen“ Carnicabiene“ ohne Wenn und Aber umzusetzen. Übrigens auch der (Carnica)Bienenwissenschaftler und Arzt Friedrich Ruttner, auf den sich die Rassenparagrafen im Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz berufen, war als SS-Mann und NSDAP-Mitglied in Mayen, an der vom Führer befohlenen Linienreinzucht (mit Ahnenpass und Abstammungsnachweis über mehrere Generationen) der Carncia-Biene federführend involviert.

 

 

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