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Unterkärnten. Sechs Drogenopfer haben die Bezirke Wolfsberg und Völkermarkt heuer bereits zu beklagen. Zuletzt starben zwei junge Männer binnen weniger Stunden: ein 24-Jähriger in Völkermarkt, ein 17-Jähriger in Griffen – eine menschliche Tragödie, die es in diesem Teil Kärntens so noch nie zuvor gegeben hat.
Die Unterkärntner Nachrichten wollten zu dem Thema ein Interview mit einem der zuständigen Lavanttaler oder Völkermarkter Polizeibeamten führen. Die Presseabteilung der Exekutive verwies aber auf Karl Schnitzer, Leiter der Suchtgiftabteilung des Landeskriminalamts Kärnten, dessen Fachgruppe (auch) die jüngsten Todesfälle untersucht und der allein befugt ist, Auskunft zu geben.
Haben Sie eine Erklärung für diese hohe Anzahl von Drogentoten in Unterkärnten?
War die Suchtgiftdelinquenz vor Jahren ein Phänomen, das fast nur in urbanen Gebieten beziehungsweise Ballungszentren zu finden war, so findet sie immer mehr Zugang in die ländlichen Bereiche. Eine Ursache dafür ist die zunehmende Mobilität aber auch die vermehrte Nutzung von z. B. Internet. Die Bezirke Wolfsberg und Völkermarkt sind davon nicht ausgeschlossen. Die räumliche Nähe zu Slowenien, von wo nach wie vor illegale Drogen Zugang zu uns finden, findet in den Bezirken Wolfsberg und Völkermarkt seinen Niederschlag.
Wo hatten die jüngsten beiden Todesopfer die tödlichen Drogen her? Gibt es dazu bereits Ermittlungsergebnisse?
Alle Todesfälle sind als Individualfälle zu betrachten. Die Todesursachen sind vielschichtig. Es geht von Überdosierungen von reinen illegalen Drogen bis zum sogenannten Mischkonsum illegaler Drogen mit diversen suchtgifthältigen Medikamenten usw. Die illegalen Drogen finden via Internetbestellungen, Beschaffung am Schwarzmarkt bis zu Beschaffungen im benachbarten Slowenien den Weg zu uns.
Haben sich die Drogen in ihrer Stärke, d. h. in ihrer Wirkungsweise in den vergangenen fünf Jahren verändert?
Die Drogenqualität ist bei fast allen illegalen Drogenarten leider gestiegen. Der heutige Wirkungsgrad ist mit Drogen, die vor fünf bis zehn Jahren im Umlauf waren, nicht mehr zu vergleichen.
Alle Drogentoten starben an Mischkonsum. Warum ist der bei den Süchtigen so »beliebt«?
Bei fast allen Todesfällen ist der Mischkonsum vorrangig. Wirkt ein Mittel nicht sofort, wird mit anderen »nachgeholfen«. Die Gesamtwirkung ist leider oft fatal.
Welche Maßnahmen werden seitens der Polizei gegen den grassierenden Drogentod gesetzt?
Drogentodesfälle lassen sich durch reine Polizeiarbeit nicht verhindern. Dazu bedarf es einer Gesamtkonzeption – Polizei, medizinische und therapeutische Maßnahmen, Prävention, et cetera.
Was könnte die Polizei dagegen unternehmen?
Die Maßnahmen der Polizei liegen unter anderen auch darin, dass wir danach trachten, die illegale Einfuhr von Drogen zu bekämpfen, entsprechende Maßnahmen gegen Dealer zu setzen und weiteres mehr.
Sind jene Abteilungen der Polizei, die sich im Land mit der Bekämpfung der Drogenkriminalität befassen, personell ausreichend besetzt?
Bei entsprechenden »Hot Spots«, wie zuletzt in der Stadt Klagenfurt, wurde das Personal aufgestockt.
Zwei Tote binnen weniger Stunden: Wie kann das passieren?
Es ist eine Tragödie, aber wie bereits angeführt, einfach nicht zu verhindern.
Zuletzt kam es in Völkermarkt zu Einbrüchen in Apotheken, bei denen Suchtmittel-Ersatzstoffe im Visier der Täter standen. Ist die »Szene« völlig außer Kontrolle?
Für Suchtgift-Konsumenten, die solche Einbrüche begehen, sind natürlich vorrangig suchtgifthältige Medikamente und Drogenersatzmittel von Bedeutung. Aber von einer »außer Kontrolle geratenen Szene« kann nicht gesprochen werden. Unbestritten ist, dass diesbezüglich gezielt und effizient ermittelt werden muss.
Warum ermittelt in den jüngsten Todesfällen das Landeskriminalamt, wenn doch die Bezirksstellen eventuell besser über ihre Szene informiert sind?
Es ergibt sich aus der österreichweit gültigen Geschäftsordnung, dass Suchtgifttodesfälle von der Fachgruppe des Landeskriminalamtes bearbeitet werden müssen. Alle Ermittlungen in den betroffenen Bezirken basieren auf enger Abstimmung und gemeinsamer Zusammenarbeit mit den dortigen Ermittlern. Die Einbindung der Bezirksermittler in Suchtmittelerhebungen ist gängige Praxis.
Wenn ein Dealer einem Süchtigen Drogen verkauft, an denen letzterer zugrunde geht, kann man diesen Händler als für den Tod mitverantwortlich betrachten. Er müsste dafür rechtlich belangt werden. Wurden Ihres Wissens nach in den vergangenen Jahren Dealer unter dem Verdacht verhaftet, zumindest fahrlässig an einem Todesfall beteiligt gewesen zu sein?
Deshalb werden bei Suchtgifttodesfällen entsprechende Ermittlungen im Umfeld getätigt, bzw. versucht man jene Personen auszumitteln, die mit der unmittelbaren Übergabe der Drogen an später Verstorbene verantwortlich zeichnen. Es erfolgen dann auch die entsprechenden Anzeigen an die Staatsanwaltschaft. Über eine strafrechtliche Relevanz entscheidet die Justiz.
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