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Wie verbringen Sie die Weihnachtszeit? Gibt es besondere Traditionen, die Sie pflegen?
Die Weihnachtszeit bedeutet mir sehr viel. Für mich hat schon der 21. Dezember, die Thomasnacht, eine besondere Bedeutung. In dieser Nacht – übrigens der längsten des Jahres – beginnen die Raunächte. Für unsere Familie hat das Räuchern eine lange Tradition.
Am 24. Dezember beginnen wir den Tag mit einem Besuch der Rorate in St. Marein, eine frühe Messe, die den Beginn der Festtage symbolisiert.
Der Heilige Abend bei uns zuhause ist eher schlicht. Wir genießen ein einfaches Mittagessen, zu dem bei uns traditionell Wuzzelnudel gehören. Sobald der Christbaum geschmückt ist, geht das Familienoberhaupt mit der Räucherpfanne voraus, und wir gehen dann alle hinterher. Mit der Räucherpfanne wird das Haus geweiht, ein Brauch, der in unserer Familie immer gepflegt wurde. Der Abend ist bei uns weniger festlich im klassischen Sinne, sondern von Besinnung und familiärer Wärme geprägt.
Ein wichtiger Bestandteil für unsere Familie ist auch der Besuch der Christmette.
Und was gibt es am Heiligen Abend zum Abendessen?
An Heiligabend wird bei uns traditionell das »Piggale« gegessen, ein altes, regionales Gericht, das es nur im Lavanttal gibt. Danach gehen wir zu meinen Eltern, wo wir in gemütlicher Runde mit der Familie feiern. Es gibt bei uns kein großes Festessen – wir servieren eher Brötchen und Kekse. Es ist die gemeinsame Zeit, die zählt. Die Geschenke werden nach dem Singen von Weihnachtsliedern verteilt, und meine Tochter Martina liest das Weihnachtsevangelium vor. Mein Mann Karl trägt oft Gedichte vor. Besonders stolz bin ich auf die Weihnachtskrippe, die Karl für Martina – die am 24. Dezember geboren wurde – gebaut hat.
Wie wichtig sind traditionelle Bräuche für Sie?
Tradition ist für mich sehr wichtig. Weihnachten ist für mich ein Fest der Werte und der Erinnerungen. Wir verzichten bewusst auf Plastik und Massenware. Mein Weihnachtsbaum ist mit Strohsternen und handbemalten Glaskugeln geschmückt. Für mich ist das ein Ausdruck von Liebe zum Detail und Respekt vor der Geschichte unserer Region.
Gibt es noch weitere Traditionen, die Sie besonders pflegen?
Das Keksebacken gehört für mich unbedingt dazu. Ich habe heuer 14 Kilo Kekse gebacken – Vanillekipferl, Lebkuchen, Kokoskuppeln, Linzeraugen uvm. Für mich ist das Backen ein Ritual, das die Familie zusammenbringt und gleichzeitig Erinnerungen an meine Kindheit weckt.
Was bedeutet Ihnen Weihnachten persönlich?
Das Weihnachtsfest hat für mich eine sehr tiefe Bedeutung. Besonders deshalb, da meine Tochter Martina am 24. Dezember geboren wurde, ist Weihnachten für mich ein Fest der Familie. Es geht nicht nur um Geschenke, sondern vor allem um das Weitergeben von Traditionen und Werten. Ich war 35 Jahre lang im Heimatwerk tätig und habe mich immer dafür eingesetzt, das Brauchtum und das Handwerk der Region zu bewahren. Weihnachten ist auch eine Zeit, um auf das Volksbrauchtum zu achten und es weiterzugeben.
Wie gestalten Sie den Übergang ins neue Jahr? Gibt es in Ihrer Familie spezielle Rituale rund um Silvester?
Am Silvestertag pflegen wir in unserer Familie weiterhin das Räuchern der Ställe und Äcker – ein Brauch, der weit verbreitet ist. Früher wurde an Silvester in den Dörfern auch mit Böllern geschossen, was heute in Form von Raketen und Feuerwerken weiterlebt. An Silvester selbst gibt es bei uns nicht viele Besonderheiten. Am Neujahrstag gibt es immer einen Schweinsbraten – es heißt ja, dass man an diesem Tag nur Schwein essen darf. Man sagt auch, dass man keine Wäsche von Silvester auf Neujahr hängen lassen darf, das gehört für mich ebenso zu den Bräuchen.
Welche schönen Erinnerungen rund um Weihnachten haben Sie?
Mein persönlich schönstes Erlebnis war die Geburt meiner Tochter Martina. Aber auch die Erinnerungen an die Zeit, als mein Bruder und ich in der Kindheit zusammen zwischen den Feiertagen Skifahren lernten, sind unvergesslich. Wir hatten damals das Glück, dass es zu Weihnachten immer ausreichend Schnee gab. Ich kann mich noch gut erinnern, als mein Bruder und ich Ski bekamen. Er bekam blaue und ich rote, die unser Vater selbst mit Lack besprüht hatte. Man konnte den Lack noch riechen, als wir das Geschenk bekamen. Und als wir die Ski dann gleich testeten, zogen wir eine rote und blaue Lackspur den Hügel hinunter.
Gibt es im Lavanttal spezielle Bräuche, die an den Feiertagen gepflegt werden?
Der Heilige Abend wird hier häufig nicht im festlichen Rahmen gefeiert, sondern eher im Kreise der Familie mit einer schlichten Mahlzeit. Ein Brauch ist der »Unschuldige Kindertag« am 28. Dezember. An diesem Tag gehen Kinder von Haus zu Haus und singen Lieder. Es handelt sich dabei um einen Heischebrauch, den es in der Region noch immer gibt. Ein Heischebrauch ist ein Brauch, bei dem es um das Fordern oder Erbitten von Gaben geht.
Sie sind auch bei den St. Andräer Trachtenfrauen aktiv. Warum sind Sie beigetreten und was machen die Trachtenfrauen?
Die Trachtenfrauen St. Andrä haben mittlerweile 40 Mitglieder, und wir legen großen Wert darauf, Traditionen weiterzugeben. Das war auch ein Grund, warum ich dem Verein 1991 beigetreten bin. Mir ist es wichtig, der nächsten Generation Traditionen weiterzugeben.
Wir bieten zum Beispiel Workshops zum Binden von Adventkränzen an, backen gemeinsam Kletzenbrot und organisieren Veranstaltungen wie den Christmas Walk, bei dem wir selbst gebackene Kekse, Orangenpunsch und selbst gebastelte Engel anbieten. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die neue Generation Interesse an unseren Bräuchen zeigt und diese mittragen möchte.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Traditionen im Lavanttal?
Ich hoffe, dass das Brauchtum weiterhin so lebendig bleibt und auch an die kommende Generation weitergegeben wird. Die traditionellen Bräuche wie das Räuchern und die vielen kleinen Rituale sind ein wertvoller Teil unserer Identität. Ich wünsche mir, dass die Menschen weiterhin gemeinsam feiern und die Bedeutung von Tradition und Familie schätzen.
Weihnachten im Lavanttal – das ist eine Zeit der Besinnung, der familiären Nähe und der Achtung vor den Wurzeln der Region.
// Zur Person
Silvia Schmerlaib, 64, ist in St. Andrä aufgewachsen. Sie ist mit Karl verheiratet. Gemeinsam haben die beiden eine Tochter, Martina. Nach der Schulausbildung absolvierte sie eine Lehre als Damenkleidermacherin mit Meisterprüfung in Wolfsberg. Danach war sie beim Heimatwerk Kärnten in Wolfsberg beschäftigt, zunächst in der Werkstätte, danach als Leiterin der Filiale, die sie bis zu ihrer Pensionierung 35 Jahre lang leitete. Seit 1991 ist Schmerlaib in verschiedenen Funktionen bei den Trachtenfrauen St. Andrä tätig, aktuell ist sie die geschäftsführende Obfrau und Schriftführerin. Seit 1985 ist die St. Andräerin auch Beauftragte für das Trachtenwesen im Kärntner Bildungswerk.
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