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Pfarrer Christoph Kranicki: »Ich stehe immer für die positive Seite des Lebens und nicht für das Dunkle«Ausgabe 44 | Mittwoch, 30. Oktober 2024

Der Wolfsberger Stadtpfarrer Kranicki (38) spricht über die bevorstehenden Tage Allerheiligen und Allerseelen, was diese Tage aus christlicher Sicht und für ihn persönlich bedeuten, wie er zu Halloween steht und warum er sich entschied, Priester zu werden.

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Können Sie unseren Lesern die Bedeutung von Allerheiligen und Allerseelen erklären?
Der 1. und 2. November bieten eine gute Möglichkeit, den Alltagsstress hinter sich zu lassen und die Geschwindigkeit etwas zu reduzieren. Sie bieten Gelegenheit in sich zu gehen und sich selbst zu fragen, wohin gehe ich in meinem Leben und was ist das große Ziel meines Lebens. Es wird uns bewusst, dass wir nach dem Tod nichts mitnehmen können, der ganze Besitz und das Geld bleiben in dieser Welt. Ist Himmel ohne Leistung möglich?

Aus christlicher Sicht ist der Allerheiligentag dem Himmel und der Gemeinschaft der Heiligen gewidmet, also der unsichtbaren Kirche, der Allerseelentag unseren Verstorbenen. 

Was bedeuten Allerheiligen und Allerseelen  für Sie persönlich?
Dass wir für die Ewigkeit erschaffen sind und alles Irdische vergänglich ist. Als Priester ist es meine Aufgabe, die Menschen gut zu begleiten, die mit diesen Themen konfrontiert werden, vor allem beim Verlust eines lieben Menschen oder Familienangehörigen.

Wie begehen Sie Allerheiligen und Allerseelen in Ihrer Pfarre?
Wie in jeder Pfarrgemeinde finden auch in Wolfsberg Gräbersegnungen auf den Friedhöfen statt. Und das Gebet wird in diesen Tagen verstärkt, weil man merkt, dass die Menschen in dieser Zeit besonders die Nähe Gottes  suchen. In Wolfsberg  findet zusätzlich am 1. November die Allerheiligen-Feier beim Kriegerdenkmal statt. Am Abend gibt es eine Messe in der Markuskirche.  Und am 2. November gibt es Segnung und Gebet in der Gruft in der Markuskirche, wo wir symbolisch mit unseren Vorfahren verbunden sind. 

Ich persönlich werde außerdem die Gräbersegnungen in St. Johann, St. Jakob und Wolfsberg sowie am Soldatenfriedhof in St. Johann vornehmen.

Am 2. November gibt es dann noch eine Messe mit Gräbersegnungen im Mausoleum.

Bei der Feier beim Kriegerdenkmal kommen Jahr für Jahr weniger Menschen. Was könnten die Gründe dafür sein?
Wir sehen generell, dass Traditionen nicht mehr so stark gepflegt werden, wie es früher einmal war. Beim Kriegerdenkmal im Speziellen denke ich, dass es auch damit zusammenhängt, dass die Generation, die mit diesem Thema persönlich konfrontiert war, immer kleiner wird. Weiters denke ich, dass bei all der Hektik in der heutigen Zeit, viele Menschen die Zeit am Vormittag nutzen, um sie mit der Familie zu verbringen oder sich auf die Gräbersegnung am Nachmittag vorzubereiten. 

Gibt es spezielle Bräuche oder Rituale, die Sie an diesen Tagen besonders pflegen? 
Das ist sicher die Feier der Eucharistie, und viele Menschen bestellen an diesen Tagen Messen für ihre Verstorbenen und feiern mit. Durch das Gebet sind wir mit den Verstorbenen besonders verbunden. Dann gibt es noch die Gräbersegnungen als Zeichen der Wertschätzung und dass wir an unsere lieben Verstorbenen Denken. Wenn die Menschen an diesem Tag am Grab stehen, merken sie, dass sie in der Trauer nicht alleine sind.

Ein Symbol zu Allerheiligen ist die Kerze als Zeichen für das Licht und die Auferstehung, sowie Blumen als Zeichen für das Leben. Das alles hilft uns, diese Tage mit Hoffnung zu begehen.

Wie begehen Sie es privat?
Der 1. November war für mich in der Kindheit immer ein ganz besonderer Tag, da meine Oma, zu der ich eine besondere Beziehung hatte, Geburtstag hatte. Wir waren zuerst bei der Gräbersegnung, und danach ging es zu Oma zur Geburtstagsfeier. Somit habe ich wunderbare Erinnerungen an die Kindheit und Allerheiligen.

Jetzt, da meine Großeltern schon verstorben sind und ich in Österreich lebe, fehlt natürlich etwas. Seit einigen Jahren habe ich in Wolfsberg einen Ort der Trauer, wo ich auch wie alle anderen eine Kerze anzünden kann. Bevor ich diesen Ort hatte, war ich an diesem Tag besonders einsam.  

Ist der Tag für Sie stressig?
Ich würde sagen, es ist weniger Stress als aufbauend, weil ich sehe, dass die Menschen aus dem Glauben Kraft und Trost schöpfen. Und da hat der christliche Glaube ein großes Hoffnungspotenzial, weil wir an die Auferstehung und das ewige, unvergängliche Leben glauben. 

Welche Botschaft möchten Sie den Menschen zu Allerheiligen und Allerseelen mitgeben?
Wo bleibt Gott? Warum lässt er so viel Leid zu? Oft bin ich mit solchen Fragen konfrontiert, vor allem beim Trauergespräch. Dann helfen keine Worte, sondern nur ein Blick auf das Kreuz Jesu. Wir glauben an einen Gott, der auch gelitten hat und auch gestorben ist. So einen Gott hat keine andere Religion. Einen, der uns in unserem Schmerz versteht. Er ist uns in dunklen Lebensphasen besonders nahe. Er ist mit uns solidarisch. Der Tod hat kein letztes Wort: Am dritten Tag ist Jesus von den Toten auferstanden, er hat die Macht des Todes gebrochen. Daran müssen wir fest glauben: an das ewige Leben ohne Tränen, ohne Schmerz, ohne Krankheit. So schön heißt es im Evangelium: »Euer Lohn im Himmel wird groß sein.« Gott ist größer als unser Zweifel. Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt. Wer glaubt, ist nie allein. 

Wie wichtig ist die Erinnerung an Verstorbene für das spirituelle Leben?
Es ist wesentlich und ganz wichtig, denn sie schafft die Brücke zwischen dieser, der irdischen und zerstörbaren Welt, und jener Welt, die wir erhoffen.

Wie stehen Sie zu Halloween, das am Vorabend von Allerheiligen gefeiert und immer populärer wird?
Vor einiger Zeit verfolgte ich eine Diskussion über den Nikolaus, in der es hieß, dass Kinder vor dem Nikolaus Angst haben und man ihn abschaffen sollte. Zu Halloween sind nur schaurige Gestalten unterwegs, dagegen spricht niemand.

Ich kenne aus anderen christlichen Ländern auch einen anderen modernen Brauch, das sind zum Beispiel Heiligenbälle – in Italien und Polen –, wo sich Kinder als Engel und Heilige verkleiden und es Umzüge gibt, bei denen strahlende Engel marschieren und fröhlich singen. Vielleicht schaffen wir es auch in unserer Pfarre, nächstes Jahr ein solches Angebot zu schaffen. 

Wenn ich Kinder hätte, würde ich ihnen von Halloween abraten. Weil ich immer für die positive und die strahlende Seite des Lebens stehe und nicht für das Dunkle.

Wie hat sich die Bestattungskultur in den vergangenen Jahren verändert?
Ich empfehle alle Menschen, die Sterbende begleiten, die christliche Dimension nicht zu vergessen, und dass der Sterbende auch eine priesterliche Begleitung braucht, wie die Krankensalbung und den vollkommenen Ablass in der Sterbestunde.  

Ich helfe auch bei der Organisation der Verabschiedungsfeier, damit das Gebet nicht fehlt.

Die Bestattungskultur geht meiner Meinung nach in eine negative Richtung. Oftmals wissen Menschen nicht, dass ihr Nachbar verstorben ist, und die Bestattung findet fast in der Anonymität statt. Das finde ich sehr schade, denn  das gemeinsame Trauern und das Gebet gehören dazu.

Was halten Sie von den neuen Bestattungsformen?
Die Zeiten ändern sich, und auch wir verändern uns mit der Zeit. Aus christlicher Sicht glauben wir an das ewige Leben und dass jeder Mensch eine unsterbliche Seele hat. Für mich persönlich spielt es keine allzu große Rolle, wie jemand bestattet wird. Das Irdische ist zerstörbar, viel wichtiger ist die Seele des Menschen.

Was hat Sie dazu bewogen, Priester zu werden?
Ich habe schon immer von einem Leben geträumt, das sich einer größeren Vision widmet. Und dass mir mein »Job« hilft, in den Himmel zu kommen. Man wird schnell von materiellen Dingen und kurzfristigen Zielen abgelenkt. Aber schon als Jugendlicher war ich immer mit dem Gedanken beschäftigt, was ist das große Ziel, wohin will ich? So hat es sich ergeben, dass ich den Wunsch verspürt habe, Menschen für Gott zu erreichen. Das könnten ich zwar auch als Ehemann und Familienvater tun, aber ich habe die Entscheidung getroffen, ins Priesterseminar einzutreten, um zu schauen, ob Gott mich als Priester haben will. Das war die schönste Entscheidung meines Lebens. 

Gab es ein bestimmtes Ereignis oder eine Person, die Sie zu Ihrem Beruf inspiriert haben?
Ich war Beobachter und beobachtete die Welt. Wie leben die Menschen, welche Prinzipien haben sie, wo finden sie die Erfüllung? Mir war das zu wenig, und das hat mich bewogen, diesen Schritt zu machen. Vieles schien mir damals zu oberflächlich zu sein.

Welche Herausforderungen haben Sie auf Ihrem Weg zum Pfarrer erlebt?
Zuerst stellt man sich die Frage, soll ich Pfarrer werden? Nach der Weihe wird man mit der Frage konfrontiert, soll ich Pfarrer bleiben? Natürlich gibt es, wie bei jedem Menschen, Höhen und Tiefen. Vorher, ob man dafür bereit ist, ob man würdig ist. Danach, ob ich meinen Dienst gut genug erfülle und Gott mit mir zufrieden ist. Ich hatte bis jetzt nie eine tiefe Krise, der Glaube hat mich immer positiv nach vorne gebracht.

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