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Ex-Kicker Ewald Türmer im Interview mit den Unterkärntner NachrichtenAusgabe | Mittwoch, 7. November 2018

Ex-Teamspieler Ewald Türmer spricht mit den Unterkärntner Nachrichten über seine Zeit bei Austria Wien, Europacup-Spiele gegen die Bayern, seinen Schutzengel Felix, den drittklassigen österreichischen Fußball und warum er sich kein Blatt vor den Mund nimmt.

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Hat die heutige Jugend noch die gleiche Begeisterung für den Fußball wie zu Ihrer Zeit?
Wir haben damals die verschiedensten Sportarten betrieben. Fußball, Tennis, Eishockey, Skifahren, Radfahren etc. Da gab es Hierarchien, man musste sich durchsetzen. Das war wichtig für die Persönlichkeitsbildung. Heute ist alles steril. Die Kinder werden mit sechs Jahren in einen Verein gesteckt und dort in ein Korsett gepresst. Dadurch geht der Instinkt verloren, den wir hatten. Dazu versuchen die Eltern, alle Probleme aus dem Weg zu räumen, daher fehlt oft das Durchsetzungsvermögen.

Wie hat sich der  Fußball  geändert?
Es ist alles schneller geworden. Das Problem beim Fußball ist, dass sich im Gegensatz zu anderen Sportarten, wie zum Beispiel Tennis, Eishockey oder Handball, die Technik nicht im selben Ausmaß weiterentwickelt hat. Die Spieler sind alle körperlich topfit, aber richtig gut Fußball spielen nur die Topleute.   

Sie haben einmal gesagt, der österreichische Fußball ist drittklassig, hat sich das geändert?
Im Gegenteil, es ist schlechter geworden. Wir sind nach wie vor weit weg von der Weltspitze. Wo haben wir uns weiterentwickelt? Bei uns wird alles schöngeredet. Wir gewinnen 2:1 gegen Deutschland und alle jubeln, weil wir den Weltmeister geschlagen haben, ohne genauer zu analysieren. In der Liga wird durch Salzburg viel kaschiert, aber beim Rest schaut es traurig aus. Wo steht der Rekordmeister Rapid, wo steht der Rekordsieger im Cup, die Wiener Austria? Wir müssen uns an der Schweiz orientieren. Die hat sich in den vergangenen zehn Jahren für alle Großereignisse qualifiziert, wir für eines.

Sind Sie ein »Schwieriger«?
Mag sein. Ich lass mir nichts gefallen und ich spreche Dinge an, die nicht passen. Man hat mich wegen meiner Kritik auch schon den österreichischen Paul Breitner genannt.

Wie beurteilen Sie den WAC?
Es ist toll, dass sich der Klub so lange in der Bundesliga hält. Christian Ilzer hat für diese Saison ein sehr gutes Team zusammengestellt. Wir müssen froh sein, dass wir den WAC haben, wo stünde denn der Fußball in Kärnten sonst?
Sie sind als Teenager von St. Andrä zur Austria Klagenfurt und dann zur Wiener Austria gewechselt. War es einfach, sich als Kärntner in Wien durchzusetzen?
Einfach war es nicht, aber ich habe in Klagenfurt von den gestandenen Spielern wie Hannes Haubitz, Dago Koch, Helmut König oder Walter Schoppitsch viel lernen können. Außerdem gehörte ich körperlich zu den besten Spielern. Trotzdem musste ich am Anfang in Wien die Ellbogen ausfahren. Ernstl Baumeister hatte es besonders auf mich abgesehen und immer gesagt: »Was willst, G`scherter?« Meine Antwort war dann: »Von dir nichts, Damischer!« Bei jedem dritten Training hat uns Trainer Thomas Parits vorzeitig in die Kabine geschickt. Wir mussten oft Strafe zahlen. Das hat sich gelegt, wir sind bis heute Freunde.

Die Wiener Austria war immer der Verein der Schmähbrüder ...
Wir haben in der ersten Saison 54 von 60 möglichen Punkten geholt. Zweimal Unentschieden gespielt und zweimal gegen die Austria Klagenfurt verloren. Bei den Heimfahrten haben wir immer Heurigenlieder gesungen, die kenne ich heute noch auswendig. Den Gert Steinkogler hatten wir auf der Uhr, weil er einen sehr behaarten Oberkörper hatte. Wenn er nackt in der Kabine stand, forderten wir ihn immer auf, dass er seinen schwarzen Pullover ausziehen soll. Baumeister hatte nicht nur einen guten Schmäh, er hat auch Ausdrücke verwechselt. Statt Schlaraffenland hat er immer Giraffenland und statt Protektionskind Produktionskind gesagt. Wir haben uns zerkugelt.  

Was waren Ihre schönsten Erlebnisse im Fußball?
Die drei Meistertitel mit der Austria. Wir haben im Europacup gegen Bayern München und gegen Liverpool gespielt. Gegen die Bayern haben wir auswärts 2:4 verloren und zu Hause 2:2 gespielt. Leider war beim Heimspiel Friedl Koncilia verletzt, statt ihm spielte Franz Wohlfahrt mit einem Kreuzbandriss. Wir haben 1:0 geführt und beim 1:1 ist Wohlfahrt eingeknickt, weil das Knie nicht hielt. Vielleicht hätten wir sonst den großen FC Bayern rausgeworfen.

Sie haben siebenmal im Nationalteam gespielt – wie fühlt man sich, wenn die Hymne spielt?
Für mich war es immer ein unglaubliches Gefühl, in der Nationalmannschaft zu spielen, Österreich zu vertreten. Ich verstehe nicht, weshalb es Spieler gibt, die bei der Hymne nicht mitsingen.

Welcher Trainer hat sie am meisten geprägt?
Walter Ludescher hat viel probiert und mir viel beigebracht, der beste Trainer war allerdings Otto Baric. Der  konnte ein Spiel von der Trainerbank aus beeinflussen, dass sieht man  nur ganz selten.

Warum sind Sie selbst nie Trainer geworden?
Ich wollte nicht weiter sieben Tage in der Woche unterwegs sein. Das konnte ich meiner Familie einfach nicht antun, außerdem haben mich viele andere Dinge interessiert. Ich bin auch draufgekommen, dass Fußball nicht das Wichtigste ist.  

Sie haben zu Beginn der 90er Jahre bei der Austria Klagenfurt über Nacht aufgehört. Warum?
Ich hatte einen Kreuzbandriss und man hat mir eingeredet, ich kann damit spielen, es ist aber nicht gegangen. Ich wollte meinen Zwei-Jahresvertrag nicht aussitzen. Geld kassieren und der Mannschaft nicht helfen können passt nicht zu meinem Charakter.

Sie haben einmal erzählt, dass Ihr Schutzengel Felix heißt? Wie kommunizieren Sie mit ihm?
Ich glaube, dass jeder einen Schutzengel hat, der uns über den Körper Signale sendet. Leider hört man diese oft nicht, oder will sie nicht hören. Es gibt auch Leute, die mit dem Schutzengel kommunizieren können. Ich gehöre leider nicht dazu.

Was machen Sie heute beruflich?
Ich bin Gesundheitstrainer, arbeite mit Volksschulen, aber auch mit Firmen wie der Kelag oder der Strabag zusammen.

Was hält Sie im Lavanttal?
Durch den Klimawandel haben wir ein mediterranes Klima. Mein Kakibaum im Garten ist so groß wie ein Apfelbaum. In einem Topf habe ich einen Feigenbaum. Heuer hatte ich eine super Ernte. Durch die Koralm und die Saualm sind in der Nacht die Temperaturen auch bei einer Hitzewelle angenehm. Dazu kommt die Lage des Tals. Wenn ich Kultur will, bin ich schnell in Graz oder Wien, wenn ich Meer will, bin ich in drei Stunden am Strand, dazu haben wir die Berge. Nicht umsonst wird das Lavanttal als Paradies bezeichnet.

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