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Der TrainerAusgabe | Mittwoch, 17. April 2019

Der Wolfsberger Meinhard Tatschl, selbst ein ausgezeichneter Skifahrer und Trainer der österreichischen Olympiasiegerin und mehrfachen Weltmeisterin Anna Veith, sprach mit den Unterkärntner Nachrichten über Skisport, die Arbeit mit Superstars und den ÖSV.

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Wie sind Sie eigentlich zum ÖSV gekommen?
Ich habe 1991 am Arlberg als Skilehrer angefangen, nachdem ich meine aktive Karriere beendet hatte. In dieser Zeit habe ich auch die ganzen Ausbildungen zum Skilehrer, Trainer usw. gemacht. Im Jahr 2000 folgte schließlich die Bewerbung beim ÖSV und ich wurde auch angenommen.

Und wie ging es beim ÖSV dann weiter?
Zunächst war ich sieben Jahre lang Schneetrainer bei den Europacup-Herren und bin dann im Jahr 2007/08 zu den Weltcup-Damen gewechselt.

Wer ist leichter zu trainieren: Damen oder Herren?
Es gibt da keinen Unterschied, es geht bei allen um die gleiche Materie und sie alle sind Profis. Aber Damen sind auf alle Fälle leichter zu führen als die Herren. Die Männer haben öfters ihren eigenen Kopf.

Aktuell sind Sie ja der Trainer von Anna Veith. Waren Sie schon immer für Veith zuständig?
Ich trainiere sie schon seit ich bei den Damen tätig bin, also seit der Saison 2007/08. Ausschließlich für Anna zuständig bin ich seit dem Jahr 2013.

Man liest immer wieder, Sie seien ein Freund und Vertrauter von Anna Veith. Sehen Sie das auch so?
Auf alle Fälle. Ich kenne die Anna, seit sie vom Europacup in den Weltcup gekommen ist. Seit 2013 gehen wir den Weg gemeinsam. Da entwickelt sich natürlich im Laufe der Zeit eine gewisse Verbindung. Das machen aber alle Top-Athleten so. Jeder schart ein Team von Vertrauten um sich, auf die er oder sie sich zu 100 Prozent verlassen kann.

Über zehn Jahre mit Anna Veith. Da gab es sicher zahlreiche Highlights und wahrscheinlich auch Rückschläge, oder?
Highlights sind auf alle Fälle die Olympia- und WM-Medaillen. Natürlich auch die Gesamt-Weltcupsiege oder der Doppel-Weltmeistertitel. Zu den Tiefs könnte man die Zeit zählen, in der Anna versuchte sich im Weltcup zu etablieren und die Spiele in Vancouver 2010. Anna hatte damals zwar schon das Potenzial zur Siegläuferin, konnte es aber nicht abrufen. Ein Tiefpunkt war dann sicher auch die schwere Verletzung 2015. Und auch die letzten Jahre waren für Anna nicht leicht. 

Sie sind auch Kurssetzer. Kann man einen Kurs wirklich für seinen Schützling setzen?
In gewisser Art und Weise und bis zu einem bestimmten Punkt, ja. In Absprache mit dem Trainerteam schaut man auf die Stärken und Schwächen der Läufer und entwickelt eine entsprechende Strategie. Anna ist zum Beispiel bei engen Radien sehr stark, auf das geht man dann natürlich bei der Kurssetzung ein. Ich habe auch den olympischen Super-G gesetzt und dadurch konnten wir einige Konkurrenten entschärfen.

Erst kürzlich bei der Nordischen Weltmeisterschaft wurden zwei Österreicher des Dopings überführt. Sollte Doping freigegeben werden?
Auf gar keinen Fall. Im alpinen Bereich betrifft uns die Dopingproblematik aber auch nicht so sehr, wie bei den Ausdauersportarten. Aber wenn es freigegeben werden würde, dann würden die Mediziner noch mehr daran rumfeilen. Und schließlich geht es ja auch um die Gesundheit der Athleten. Es ist aber natürlich traurig, dass ganze Organisationen dahinter stehen, das sind richtig kriminelle Machenschaften. Ich hoffe, dass diese Leute aus dem Verkehr gezogen werden.

Der ÖSV hatte auch mit Missbrauchsvorwürfen zu kämpfen. Ist das innerhalb der Trainer ein großes Thema?
Das ganze ist eine sinnlose Geschichte. Da werden Sachen über Trainer verbreitet, die vor über 40 Jahren passiert sein sollen. Manche der Trainer sind gar nicht mehr am Leben. Die Vorwürfe kommen von Leuten, die sich einfach wichtig machen wollen. Ich bin seit 20 Jahren beim ÖSV und habe noch nie etwas derartiges mitbekommen. 

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel gilt nicht gerade als einfacher Mensch. Wie ist Ihr Verhältnis zum Präsidenten?
Der Schröcksi hat zu allen Trainern ein sehr gutes Verhältnis. Man kann mit ihm über alles reden und er gibt einem auch das Vertrauen und man genießt viele Freiheiten. Die Leistung muss halt passen. Schröcksnadel hat beim ÖSV eine riesige Maschinerie aufgebaut, da muss man schon auch ein gewisses Gefühl haben.

Sie haben ja bereits als Kind einen Arm verloren. Wie ist das passiert?
Das war im Alter von drei Jahren beim Wurstmachen bei uns daheim im Lavanttal auf dem Bauernhof.

Sie tragen aber keine Prothese. Warum eigentlich nicht?
Ich kann alles machen, ich brauche keine Prothese. Es behindert mich nicht. Wahrscheinlich auch deswegen, weil ich es von klein auf gewohnt bin, nur einen Arm zu haben.

Sie selbst waren ja auch ein guter Skifahrer. Wann haben Sie damit begonnen?
Im Alter von drei Jahren, bei uns auf der Koralpe.

Und Sie haben auch an Paralympischen Spielen und Versehrtenweltmeisterschaften teilgenommen. Wie viele Titel haben Sie »eingeheimst«?
Insgesamt waren es neun Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften und Paralympics. Leider gab es früher noch nicht so viele Rennen wie heute. Da gab es für Versehrtensportler gerade einmal nationale Meisterschaften und alle zwei Jahre Paralympics.

Als Trainer sind Sie ja viel unterwegs. Wie lässt sich das mit der Familie vereinbaren?
Ich bin rund 200 Tage im Jahr unterwegs. Das ist für meine Familie sicher nicht immer leicht. Speziell im Winter, da kann ich schon auch einmal fünf bis sechs Wochen am Stück weg sein.

Sie leben seit 2003 in St. Anton. Kommen Sie auch noch hin und wieder in das Lavanttal?
Meine Mutter sowie meine zwei Brüder und meine Schwester leben noch im Lavanttal. Natürlich besuche ich sie noch öfters und ich habe ja auch noch zahlreiche Freunde im Tal.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Mein Vertrag mit dem ÖSV läuft noch bis 2019. Wenn Anna allerdings weitermacht, dann werde ich diesen Weg natürlich gemeinsam mit ihr gehen und weiterhin an ihrer Seite stehen. Danach möchte ich gerne etwas im Tourismusbereich mit Wintersport machen, zum Beispiel Skitouren führen usw.

Fotos: GEPA pictures

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