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Die SchmuckdesignerinAusgabe | Mittwoch, 5. Juni 2019

Nach 45 Jahren in England kehrte die Bad St. Leonharderin Katie Gayle (Dorothea Katai) 2015 wieder in ihre Heimat zurück. Mit den Unterkärntner Nachrichten sprach sie über ein Leben ohne Plan, ihre Zeit in England, die Arbeit als Schmuckdesignerin und ihre Partnerin.

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Eigentlich waren Sie ja als Erbin für das Bad St. Leonharder Schwefelbad vorgesehen. Warum haben Sie sich für eine andere Laufbahn entschieden?
Mein Interesse galt immer der Kunst und ich wollte Fremdsprachen lernen. Außerdem zog es mich von je her in die Ferne. Und so ging ich dann 1969 für ein Jahr nach Paris.

Um die Sprache zu lernen oder wegen der Kunst?
Ich wollte unbedingt Französisch lernen. Es war eine aufregende Zeit. Es fanden damals ja auch die großen Studentenproteste in Frankreich statt. Das war für mich ungewohnt. Da kommt man als Mädchen vom Lande in die Großstadt und dann gibt es Ausschreitungen, berittene Polizei. Das volle Programm halt.

Aber Sie haben die Krawalle gut überstanden?
Ja, ich war daran ja nicht beteiligt. Nur einmal, da kam ich zeitgleich mit einer größeren Gruppe von Demonstranten aus der Metro und die Polizei hat alle, auch mich, gleich abgefangen und ins Gefängnis verfrachtet. Da musste ich dann eine Nacht in einem französischen Gefängnis verbringen.

Als Sie nach Österreich zurückkehrten, wie ging es dann weiter?
Ich wollte nicht lange daheim bleiben und dachte mir: Jetzt gehe ich halt einfach eine Woche nach England, um Englisch zu lernen. Na ja, und daraus sind dann fast 45 Jahre geworden.

Wie wurden denn aus einer Woche 45 Jahre?
Nachdem ich nach einer Woche noch nicht Englisch konnte, musste ich meinen Aufenthalt verlängern, da ich ja die Sprache lernen wollte. Ich habe dann einen Engländer geheiratet und begann Schmuck zu machen. Ich besuchte in London die »Epsom School of art & design«. Danach habe ich dort für ein Jahr unterrichtet und ging anschließend auf das »Royal College of Art«, wo ich mir meinen Master of Art-Titel erarbeitet habe.

Haben Sie danach weiter unterrichtet oder waren Sie selbstständig als Schmuckdesignerin tätig?
Ich hatte mein eigenes Studio in London und stellte in verschiedenen Galerien in England, Deutschland, Österreich und sogar Japan aus. Ich hatte viele Kunden in England, aber ich habe auch immer nebenher unterrichtet.

Welche Art von Kunst machen Sie?
Zeitgenössische Kunst. Alles, was ich mache, ist reine Handarbeit und wird von mir entworfen und gefertigt. Bis 31. August stelle ich noch Kunstwerke im Kunsthaus Knauder in St. Andrä aus.

Unterrichten Sie auch noch?
Ich halte immer wieder Workshops ab. Besonders beliebt sind die Eheringe-Workshops oder die Natur-Workshops.

Ihr Geburtsname ist Dorothea Katai. Warum haben Sie ihn in England geändert?
Mit Dorothea Katai konnte in England niemand etwas anfangen. Und ich habe auch geheiratet. 

Nach 30  Jahren hatten Sie von der Großstadt genug? Oder warum zogen Sie dann nach Devon aufs Land?
London war mir einfach zu stressig geworden. Ich musste weg. Ich habe zwar noch eine Zeit lang in London unterrichtet, aber auch damit war irgendwann Schluss. 

Und wie war es, nach so langer Zeit plötzlich wieder auf dem Lande zu leben?
Regen, Regen, Regen. Es hat ständig geregnet, jeden Tag. Es war zwar warm, aber immer nass. Aber das Leben war entspannter und es gab eine große Künstler-Community in Devon.

Seit wann sind Sie wieder im Lavanttal?
Seit 2015. Meine Partnerin Amelia Marriette meinte einmal, warum leben wir eigentlich nicht in Österreich. Und ich wollte sowieso irgendwann wieder einmal zurück ins Lavanttal, also haben wir es einfach gemacht. Wir haben unsere Zelte in England abgebrochen und sind nach Bad St. Leonhard gezogen. Wir sind mit drei Möbelwägen und meinem Auto nach Österreich aufgebrochen. Ich musste ja nicht nur mein ganzes Leben, die Bilder, persönliche Sachen, Kleidung usw. nach Österreich bringen, sondern auch meine ganze Werkstatt.

War es die richtige Entscheidung?
Am Anfang war es ein bisschen beängstigend, zu wissen, dass es kein Zurück mehr gibt. Aber es war die richtige Entscheidung.

Sie fahren weiter mit ihrem britischen Wagen. Ist es nicht schwierig, mit einem Rechtslenker in Österreich unterwegs zu sein?
Nein, das Fahren ist kein Problem und Amelia ist ein guter Co-Pilot. Nur einmal wurden wir von der Polizei aufgehalten, weil Amelia – als Beifahrer sitzt sie in meinem Auto ja links – mit ihrem Handy spielte und die Polizei das sah und zunächst natürlich dachte, dass Amelia am Steuer sitzt und mit dem Telefon herumhantiert. 

Sie haben vorhin gesagt, mit Ihrer Partnerin. Sie meinen damit Lebensgefährtin?
Ja, Amelia und ich sind seit acht Jahren zusammen. Mein Mann ist leider schon verstorben und Amelia war geschieden. Wir haben uns  in Devon kennengelernt, sie hat mir im Garten geholfen. Es kam unerwartet, aber wir waren beide ohne Partner und so hat sich das ergeben.

Zwei Frauen als Paar, gab es damit niemals Probleme?
Die Zeiten haben sich zum Glück ja geändert und die Menschen sind Gott sei Dank toleranter geworden. England ist zwar noch sehr altmodisch und Devon ist ein kleiner Ort. Aber den Menschen war es irgendwie egal, sie wollten halt nicht, dass wir darüber sprechen. Und jetzt in Österreich hat deswegen noch nie jemand etwas Negatives zu uns gesagt.

Wie haben Sie in England den Brexit erlebt?
Aus meiner Sicht war es definitiv die falsche Entscheidung. Aber der Hauptgrund, dass so viele Menschen dafür gestimmt haben, waren damals die Asylanten, und von den EU-Gegner wurden der Bevölkerung Lügen aufgetischt. Man hat nicht weiter gedacht. Ich hoffe, es wird am Ende doch nicht dazu kommen.

Warum?
Die EU hat uns Frieden gebracht, die Wirtschaft gestärkt und vor allem volle Reisefreiheit in Europa beschert.

Haben Sie sich in Bad St. Leonhard nach der langen Zeit im Ausland gut eingelebt?
Zwischen Devon und Bad St. Leonhard gibt es zum Glück nicht so viele Unterschiede. In Bad St. Leonhard sind die Distanzen nicht so groß, man kann alles zu Fuß erreichen, das finde ich toll. Und es gibt ja alles im Ort, ich muss nicht nach Graz oder Wien fahren, wenn ich etwas will. Außer meiner Tochter, den zwei Enkelkindern und ein paar guten Freunden aus England vermisse ich nichts. In England hat mich jeder gekannt, hier muss ich mir erst wieder einen Namen machen, aber das ist ja spannend.

Haben Sie Pläne für die Zukunft?

In meinem Leben hatte ich nie Pläne, ich habe gemacht, was ich wollte. Schön wäre es, wenn ich zwei Schafe hätte. Das war schon in meiner Jugend ein Traum. 

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