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Betrug auf Raten: Wie wir uns mit Internet-Falotten um zwei Millionen Dollar stritten, die nie kamenAusgabe 46 | Mittwoch, 13. November 2019

Betrügerische E-Mails, in denen Millionen versprochen werden, die aber nur Arglose um ihr Geld bringen sollen, kursieren ständig. Die Unterkärntner Nachrichten testeten, mit welchen Schmähs die Ganoven arbeiten. Heraus kam ein spaßiger E-Mail-Verkehr.

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Wolfsberg. Wie Tausende andere in unserem Bundesland auch, erhielt die Redaktion der Unterkärntner Nachrichten zuletzt eine erhebende Botschaft. Der indische Milliardär Azim Hashim Premji teilte uns in einem E-Mail mit dem Titel »Du Glückspilz« liebevoll mit, er habe beschlossen, uns zwei Millionen Euro (später war von Dollar die Rede) zu spenden. »Ich möchte auch, dass Sie Teil meiner Wohltätigkeitsstiftung sind, sobald Sie dieses Geld erhalten, damit wir unsere Hände bringen können, um den Bedürftigen zu helfen«, schrieb der gute Mann. Keine Ahnung, was das bedeuten sollte, aber wir dachten uns: Schauen wir, ob wir an die Marie kommen.

Selbstverständlich kamen wir an die Millionen nicht heran. Und selbstverständlich war uns von Anfang an klar, dass keineswegs der tatsächlich existente Milliardär hinter dem Mail  mit der Allerweltsadresse helpdesk.azm@gmail.com steckte, sondern Internet-Falotten, die nichts spenden, sondern abkassieren wollten. 

Trotzdem schrieben wir liebevoll zurück, dass wir das Geld gerne hätten – freilich nicht für uns selbst, sondern um es den Bedürftigen zu geben (zwinker). Rasch kam Antwort: Der falsche Premji stellte sich ausführlich vor, berichtete von seinem Vermögen von 16,5 Milliarden US-Dollar und forderte uns in holperndem Deutsch auf, uns ebenfalls zu präsentieren: Name, Adresse, Telefonnummer, Familienstand, Geschlechtsverkehr (!?) und so weiter sollten angegeben werden.

»Ich habe beschlossen, Ihnen zwei Millionen Euro zu spenden. Kontaktieren Sie mich«
Der falsche Milliardär in seiner E-Mail

Fröhlich sandten wir die (natürlich verfälschten) Angaben zurück – und erhielten prompt eine Zahlungsbestätigung über nunmehr zwei Millionen Dollar. Um das Vermögen einstreichen zu können, hätten wir lediglich »630 Euro für die Registrierungsgebühr für wohltätige Zwecke« zu bezahlen. Klar ist: Wer diese Summe blecht, sieht sie nie wieder. Und statt der Millionen regnet es immer neue Zahlungsaufforderungen.

Wir begannen also zu handeln. Auweh, 630 Euro hätten wir gerade nicht im Sack, ob uns Premji das Geld nicht leihen könnte? Wir würden es nach Erhalt der zwei Millionen zurückzahlen – ganz ehrlich. Nein, hieß es, da sei nichts zu machen. Man werde sich aber an das zuständige Komitee, von dem vorher nie die Rede war, wenden, »wenn Sie eine Teilzahlung für die Registrierungsgebühr für wohltätige Zwecke veranlassen«. Auf Deutsch: Die Ganoven schlugen Ratenzahlung vor, was für jede Menge Amüsement in der Redaktion sorgte.

20 Euro pro Monat

Unser folgender Vorschlag: Raten von 20 Euro pro Monat. Darauf reagierte die Gegenseite eher kühl und mit der Frage, ob das unser Ernst sei? Ja klar. Nach einigem Hin und Her kam dieser Vorschlag: »Das Komitee würde keinen Betrag unter 100 Euro als Ratenzahlung genehmigen.« Wir willigten ein und fragten, wohin die erste Rate gehen solle. Antwort: Der Hunderter müsse per Western Union an »Odine Ehizogie« in Istanbul gesandt werden. Und wann bekämen wir die zwei Millionen? »Sobald die Registrierungszahlung bestätigt ist«, hieß es im nächsten Mail.

Aha. Aber warum sollen wir einem indischen Milliardär Geld in die Türkei überweisen, quengelten wir weiter. Weil sie ihre »Charity-Agenten« und Büros in Amerika, Europa, Asien und Afrika hätten, lautete die Erklärung. Nun seien wir aber beruhigt, antworteten wir. Trotzdem hätten wir gerne eine Passkopie von Odine, damit der Schein auch wirklich bei der Zielperson lande. Nix, schrieben die Betrüger, zum Überweisen brauche es keine Passkopie: »Sie benötigen lediglich die Empfängerdaten, die Sie erhalten haben.« Unsere nächste Idee: Ein Bekannter halte sich gerade in Istanbul auf, er werde das Geld vorbei bringen. Auch das lehnten sie ab – und begannen leise zu drohen: Wenn wir weiter Spompanadeln machen, würden sie uns von der »Liste der Begünstigten« streichen. Also zahlen und Klappe halten. 

Schließlich ging uns der Schmäh aus und wir griffen an. Wir hatten herausgefunden, dass die E-Mail-Adresse helpdesk.azm@gmail.com im kalifornischen Encino beheimatet ist und schrieben: »Wieso hat ein indischer Milliardär eine Gmail-Adresse, die jeder installieren kann, schickt seine Mails aus Encino und will das Geld nach Istanbul gesendet sehen. Wollen Sie uns betrügen?« Sofort brach der Kontakt ab – leider.

Experten und Polizei empfehlen, solche Mails zu löschen und zu vergessen. Es gilt die eiserne Regel: Niemals Geld überweisen!

Mittlerweile haben wir übrigens ein neues Mail von Premji erhalten. Er ist wieder gut und will uns zwei Millionen spenden. Seine jetzige E-Mail-Adresse: dasl@softwaremind.pl ...

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