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Nach Notfall: Helferin wurde von Polizei angezeigtAusgabe 42 | Mittwoch, 14. Oktober 2020

Ein Mädchen aus dem Bezirk bemerkte am Lavantweg in Wolfsberg einen Burschen mit psychischen Problemen. Sie ließ die Rettung rufen, die mitgekommene Polizei bat sie zur Alkoholkontrolle, worauf sie Strafe zahlen musste. Die Exekutive erklärt, wie es dazu kam.

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Wolfsberg. Sie wollte helfen – und erhielt dafür eine »Rechnung« über 50 Euro in Form einer Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg. Eine 17-Jährige aus dem Bezirk Wolfsberg und ihre Mutter verstehen die Welt nicht mehr.

Im Juni dieses Jahres  hatte das Mädchen einen privaten Grund zum Feiern. Gemeinsam mit Freundinnen war es daher gegen Mitternacht am Lavantweg in Wolfsberg auf Höhe des ÖAMTC-Geländes unterwegs. »Dort trafen sie auf einen Burschen, der offensichtlich große psychische Probleme hatte, aus welchen Gründen immer«, berichtet die Mutter der 17-Jährigen, die beide unerkannt bleiben möchten. Ihre Tochter machte sich Sorgen um den jungen Mann, hielt Jugendliche an und veranlasste, dass die Rettung verständigt wurde. Die Helfer trafen wenig später ein – und mit ihnen eine Streife der Polizei. 

»Normal ist es nicht üblich, dass Leute, die etwas melden, selbst zu Tests aufgefordert werden«
Polizeiinspektion Wolfsberg zum Vorfall

Die Mutter: »Während sich die Sanitäter um den Burschen kümmerten, der danach ins Krankenhaus transportiert wurde, befragten die Polizeibeamten die Jugendlichen – und forderten schließlich mehrere von ihnen zu Alkoholtests auf, darunter auch meine Tochter.« Das Ergebnis: Die 17-Jährige hatte 0,6 Promille im Blut und damit die gesetzliche Grenze für unter 18-Jährige von weniger als 0,5 Promille überschritten. Der Fall wurde an die Bezirkshauptmannschaft weitergeleitet, die kürzlich eine Strafe von 50 Euro gegen das Mädchen verhängte.

Seine Mutter meint dazu: »Mir geht es nicht um die 50 Euro, die wir bezahlen werden. Ich habe meine Tochter dazu erzogen, nicht wegzuschauen und anderen zu helfen. Mir geht es darum, dass sie richtig gehandelt hat und dafür Konsequenzen zu tragen hat. Warum werden die Jugendlichen, die sich gegenüber der Polizei keineswegs ungebührlich verhalten haben, so ›demoralisiert‹?« Laut der Mutter hätte angesichts der geringen Überschreitung des Alkohollimits eine Verwarnung  ohne Verhängung einer Geldstrafe ausgereicht, auch deshalb, weil ihre Tochter zu Fuß unterwegs war. »Die Gesellschaft sollte auf diese Jugendlichen stolz sein, stattdessen werden sie bestraft«, sagt sie.

Aus der Polizeiinspektion Wolfsberg hieß es: »Die Alkoholkontrolle hatte sich aufgrund der besonderen Umstände dieses Einsatzes ergeben. Es hatte sich dort eine Gruppe Jugendlicher gebildet und es war nicht klar, wer mit dem Hilferuf in unmittelbarem Zusammenhang stand. Daher wurden alle in die Amtshandlung einbezogen.« Die Beamten stellten fest, dass Alkohol im Spiel war und führten Tests durch. Aber: »Normal ist es nicht üblich, dass Leute, die Vorkommnisse melden, selbst zu Tests aufgefordert werden.«

Bestätigt wird, dass sich die Jugendlichen während des Einsatzes gesittet benahmen. Das Aussprechen einer Verwarnung war laut der Wolfsberger Inspektion aber nicht möglich: »Das Jugendschutzgesetz ist bei Alkohol eindeutig, die Polizei muss etwas unternehmen.« Auf die Frage nach dem Dilemma der Jugendlichen – sollen sie bei einem Notfall aktiv werden oder einfach weitergehen, wenn sie wissen, dass ihnen selbst Probleme drohen könnten – sagte der Beamte: »Man kann diesen einzelnen Fall, bei dem die Umstände unglücklich waren, nicht auf alle anderen umlegen.«

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