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»Rettet das Dorf«: Filmvorführung mit ungezeigten Szenen aus Pölling und teils hitziger DiskussionAusgabe 10 | Mittwoch, 4. März 2020

Voll besetzt war der große Saal im KUSS Wolfsberg bei der Präsentation des Dokumentarfilms »Rettet das Dorf« am Montag. Im Anschluss diskutierten Raumforscherin Gerlind Weber und Politiker am Podium und stellten sich den teils sehr kritischen Fragen des Publikums.

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Wolfsberg. Mit einem derartigen Besucheransturm hatten die Veranstalter anfangs nicht gerechnet, doch der Ticketverkauf belehrte sie bald eines besseren. So fand die Präsentation des Dokumentarfilms »Rettet das Dorf« am Montag nicht, wie ursprünglich geplant, im kleinen, sondern im großen Saal des KUSS Wolfsberg statt. Extra für die Lavanttaler hatte Regisseurin Teresa Distelberger, die krankheitshalber verhindert war, eine Überraschung parat. Im Zuge der Dreharbeiten wurde nämlich auch in Pölling gedreht und ein ausführliches Interview mit dem mittlerweile verstorbenen Pfarrer von Pölling, Johann Nepomuk Wornik, geführt. Diese Szenen fanden jedoch keinen Einzug in die endgültige Version des Films, dem Publikum in Wolfsberg wurden sie aber nicht vorenthalten. Spontanen Applaus gab es danach für Wornik, der im Interview die schwindende Einwohnerzahl ansprach (»auf drei bis vier Taufen kommen sieben bis neun Begräbnisse«) und auch mit der Politik hart ins Gericht ging: »Politiker reden gerne von der Stärkung des ländlichen Raums, aber es passiert halt nichts.«

Nach dem Dokumentarfilm, in dem unter anderem eine Landärztin, eine Direktorin einer kleinen Volksschule, eine Nahversorgerin, die weiter arbeitet, obwohl sie längst in Pension gehen könnte und ein Bergbauer aus verschiedenen Dörfern Österreichs zu Wort kommen, gab es eine Podiums- und Publikumsdiskussion. 

Am Podium standen Raumforscherin Gerlind Weber, NR Johann Weber, LR Daniel Fellner, Bgm. Hans-Peter Schlagholz als Vorsitzender der Regionalmanagement Lavanttal GmbH und Bgm. Günther Vallant als Obmann der LAG Unterkärnten. Gerlind Weber erklärte, dass die Raumordnung der vergangenen Jahrzehnte ein »unzufriedenes Resultat« gebracht hat. Verantwortlich dafür sieht sie Gemeinden, Länder, aber auch die Gesetzgeber selbst: »Sie haben Gesetze gemacht, die so nicht durchführbar sind.« Die Raumforscherin betonte, dass eine Ortskernentwicklung nur möglich sei, wenn die Außenentwicklung »radikal eingedämmt« wird, sprich, es keine Zersiedelung und kein Bauen in der grünen Wiese mehr gibt.

»Eine Ortskernentwicklung ist nur möglich, wenn die Außenentwicklung radikal eingedämmt wird«
Gerlind Weber
Raumforscherin

LR Fellner betonte, dass es an allen Bürgern liegt, ob es noch Gasthäuser, Schulen oder Bäcker im Dorf gibt: »Man muss die Infrastruktur auch nutzen.«

Aus dem Publikum meldete sich unter anderem Energielandwirt Franz Dorner zu Wort, der die Privatisierung von Bus und Bahn kritisierte. Ein Zuhörer aus Pölling brachte emotional die Schließung der örtlichen Volksschule und den desolaten Zustand der Saualpen-Aussichtsstraße zur Sprache, die ins Bergdorf führt: »Die Straße hat 500 Schlaglöcher, wobei ich nur die großen Löcher gezählt habe.« Für seine Ausführungen erhielt der Mann einigen Zuspruch aus dem Publikum.

»Politiker reden gerne von der Stärkung des ländlichen Raums, aber es passiert halt nichts«
Johann Nepomuk Wornik (†)
im Filminterview

Auf nicht jede Frage konnte eine zufriedenstellende Antwort gegeben werden, was aber auch aufzeigte, wie komplex die Themen Dorfsterben und Raumplanung sind. Abschließend gab Gerlind Weber die Botschaft mit, dass man junge Menschen, die weggehen wollen, nicht aufhalten könne: »Man sollte aber auch als Gemeinde immer in Kontakt mit den Weggegangenen bleiben.«

Nationalrat Weber schloss mit den Worten: »Wir müssen selbst an den ländlichen Raum glauben, dann können wir auch etwas bewegen.«

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