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Veränderungen in der NaturAusgabe | Mittwoch, 25. Juli 2018

Kein Azorenhoch - das verrückte Wetter der vergangenen Wochen hat nichts mit dem Klimawandel zu tun. Verleugnen lässt er sich trotzdem nicht. Obstbauer Hans Köstinger und Bergbauer Franz Dorner berichten von Veränderungen in der Natur.

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Meteorologe Christian Stefan: »Es fehlt ein stabiles Azorenhoch.«

WOLFSBERG.  Ein heißer April, ein paar schöne Tage Ende Mai und Anfang Juni und seit damals ist der Sommer auf Tauchstation gegangen - die Kurzbeschreibung der vergangenen Wochen: Heiter bis wolkig, wechselhaft mit ein paar Schauern. Sprich: Das Wetter spielt verrückt. Christian Stefan, der Chef der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Klagenfurt führt die Wetterkapriolen nicht auf den Klimawandel zurück. »Durch die Drucksysteme kann sich kein stabiles Azorenhoch entwickeln und dadurch ist es bis jetzt zu keiner längeren Schönwetter-Periode gekommen«, erklärt der Experte, der aber darauf hinweist, dass die Klimaveränderungen längst schon Auswirkungen auf Kärnten und das Lavanttal haben - und sie werden in den nächsten Jahrzehnten noch ärger.

Ausgetrockene Böden

Laut einer Modellrechnung wird die Durchschnittstemperatur im Lavanttal bis 2050 um 1,5 Grad zunehmen, bis zum Ende des Jahrhunderts werden es sogar 4,2 Grad sein. Daraus folgend wird es mehr Hitzetage geben und die Vegetationsphasen werden länger. Bis 2050 um 20 Tage, bis 2100 sogar um 60 Tage. Das heißt: die Pflanzen werden um zwei Monate länger wachsen. Die Niederschläge werden im Winter um zwölf Prozent zunehmen, im Sommer wird es trockener werden. »Wir werden uns auf  feuchtere Winter einstellen müssen, wobei es durch die höheren Temperaturen mehr regnen als schneien wird. Durch die trockenen Sommer werden die Böden austrocknen«, verrät Stefan. Diese Veränderungen werden sich stark auf die  Vegetation auswirken. »Gewisse Pflanzen werden sich auf die geänderten Bedingungen einstellen, andere werden aussterben und einige neu hinzukommen. Dieser Prozess ist schon im Gange«, weiß Stefan. Für Hans Köstinger, den Obmann der Lavanttaler Mostbarkeiten, machen sich die höheren Temperaturen schon bemerkbar. »Es gibt keine Übergangszeiten wie früher, Durch die milden Temperaturen ist die Vegetation im Frühling um zwei, drei Wochen voraus. Die Bäumen blühen viel früher«, erzählt Köstinger. Diese Entwicklung ist für die Obstbauern allerdings mehr Nach- als Vorteil, wie Köstinger erläutert: »Der Spätfrost kommt ja leider trotzdem und dann bekommen wir erst recht eine richtige Watsch`n.« Das Obst reift laut Köstinger auch schneller: »Die Speckbirne ist früher erst Ende Oktober reif geworden, wenn überhaupt. Jetzt schon Ende September oder Anfang Oktober.«

Falsch beraten

Es gibt Äpfel, die unter den Veränderungen mehr leiden als andere. »Die Sorte Kronprinz Rudolf  gehört zu jenen, die der Spätfrost am ärgsten erwischt, die Lavanttaler Banane blüht erst später und kommt meist ungeschoren davon«, so Köstinger. Was tun? »Wir wurden falsch beraten, haben uns auf Experimente mit neuen Sorten  eingelassen, wir sollten wieder mehr auf die traditionellen Arten setzen«, meint der Obmann der Mostbarkeiten. Franz Dorners Bauernhof liegt auf über 1.300 Meter Seehöhe. Er gehört zu den Profiteuren. »Meine Solaranlage bringt durch die höheren Temperaturen mehr Leistung als geplant und auch der Wind ist viel stärker geworden.  Dazu kommt, dass die Fichten in meinem Wald doppelt so schnell treiben als früher«, erzählt er und meint weiter: »Auch die Baumgrenze hat sich um gut 150 Meter nach oben geschoben.« Negative Auswirkung? »Leider verbreitet sich der Borkenkäfer nun auch in höheren Seelagen.«

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